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Bibelperformanzen. Eine empirisch-qualitative Studie zum Umgang mit der Bibel in christlich-religiösen Praxisvollzügen
Antragstellerinnen
Professorin Dr. Karin Birkner; Professorin Dr. Ursula Roth
Fachliche Zuordnung
Evangelische Theologie
Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 509489319
Religiöse Identifizierung, Sinndeutung, Legitimierung und Orientierung erfolgen in sog. Schriftreligionen mittels Praktiken des Umgangs mit und der Referenz auf ‚heilige Schriften’. Diese Praktiken und ihre Identifikations- und Orientierungsfunktionen verändern sich derzeit infolge religiöser Transformationsprozesse (Säkularisierung, Pluralisierung, Individualisierung, auch Resakralisierung) stark. Das Projekt untersucht aktuelle Gestalten und Bedeutungen solcher Praktiken im Christentum a) als Formen des Umgangs (Performanz) mit dem Buch der Bibel als materiellem Objekt (Materialität) und b) als Verfahren der Bezugnahme auf Texte und ihre christlichen Traditionen (Textreferentialität). Dazu werden drei Praxisfelder ‚Ritual‘ (Gottesdienst), ‚religiöse Bildung‘ (kirchlicher Unterricht) und ‚Gruppenfrömmigkeit‘ (religiöse Kleingruppen) in drei christlichen Religionskulturen (katholisch, lutherisch/reformiert, freikirchlich) in der Schweiz und in Deutschland mit videografischen und ethnografischen Methoden untersucht. Die konfessionellen, religionskulturellen Prägungen der Kontexte erlauben, ein differenziertes Bild der Formen, Bedeutungen und Effekte performativer Relevantsetzung biblischer Texte nachzuzeichnen, mit dem Ziel, ein breites Spektrum gegenwärtiger Bibelperformanzen aufzuzeigen und mit konfessionellen und kontextuellen Bedingungen zu korrelieren. Von den materiellen Erscheinungsformen des Objekts Bibel (als Buch, Tablet etc.) bis zur immateriellen (verbalen) Referenz auf biblische Texte soll das komplexe Zusammenspiel von (Im)Materialität und Korporalität sichtbar gemacht und so Bibelperformanzen beobachtbar und analysierbar werden. Digitale Transformationen biblischer Texte werden dabei nicht als defizitäre De-Materialisierung begriffen, sondern die interaktiven Praktiken der Textreferentialität in ihrer medialen Repräsentation neu und gleichrangig mit analogen Praktiken untersucht. Transdisziplinär an der Schnittstelle u.a. von Praktischer Theologie und Interaktionaler Linguistik angesiedelt, führt das Projekt durch die videographischen Methoden den visual, performative, material und practice turn in der Theologie konsequent weiter. Das Projekt ermöglicht erstmals eine induktiv-deskriptive und multiperspektivische Rekonstruktion gegenwärtiger Bibelperformanzen. Mit der Analyse biblischer Texte in konkreten Akten des Sprechens und anderen Formen körperlicher Bezugnahme, von Prozessen der Konstruktion und Tradierung spezifischer Wissensformen sowie der Bildung und Aufrechterhaltung religiöser (Gruppen-)Identität trägt das Projekt zur internationalen Debatte um religiös-materielle Kultur sowie die sozio-religiöse Bedeutung ‚heiliger Schriften‘ bei. Systematische Kontrastierung der Teilprojekte und vergleichende Betrachtung der Kontexte ermöglichen die Herausarbeitung von Formen zeitgenössischer Bibelperformanz in verschiedenen religiösen Traditionen und trägt zur übergreifenden Theoriebildung zu Bibelrelevanzen in der Gegenwart bei.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Schweiz
Partnerorganisation
Schweizerischer Nationalfonds (SNF)
Kooperationspartner
Professor Dr. David Plüss