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Identifizierung und funktionelle Analyse molekularer Komponenten des circadianen Systems von Drosophila melanogaster

Subject Area Animal Physiology and Biochemistry
Term from 1998 to 2010
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5102211
 
Final Report Year 2008

Final Report Abstract

In der Förderungsperiode wurden Projekte bearbeitet, die neue Aufschlüsse über die Funktion der inneren Uhr von Drosophila melanogaster liefern sollten. Besonderes Augenmerk galt dabei den Mechanismen, die die innere Uhr mit den natürlichen Rhythmen unserer Umwelt synchronisieren (=Entrainment). Aber auch Fragen, die den zentralen Schrittmacher betreffen sollten beantworten werden: Wie kann man die unter konstanten Bedingungen lebenslang andauernden (also endogenen) Rhythmen erklären, wenn es bisher nicht möglich war unter gleichen Bedingungen fortdauernde molekulare Rhythmen der Clock Gen Expression nachzuweisen. Es wurde immer angenommen, dass die Clock Gene und deren rhythmische Aktivität die treibende Kraft für rhythmisches Verhalten darstellen, aber der Nachweis rhythmischer Genaktivität gelang jeweils nur für wenige Tage. Im Rahmen der geforderten Projekte gelang es jedoch eine Fliegenlinie zu generieren, in der die Expression des Clock Proteins Period auf wenige Clock Neurone im Gehirn der Fliegen beschränkt war. Clock Neurone sind verantwortlich für die Kontrolle der Laufaktivität, und in ihnen sollten sich daher selbsterhaltende molekulare Oszillationen nachweisen lassen. Dies gelang durch die Fusion des Period Proteins mit dem Reporterprotein Luciferase. In den Period-Luciferase transgenen Fliegen konnten mittels eines empfindlichen Lumineszenzmessgeräts fortdauernde und ungedämpfte Period Oszillationen nachgewiesen werden Damit war zum einen der Beweis erbracht, dass die rhythmische Aktivität der Clock Gene in der Tat die Ursache für rhythmisches Verhalten sein kann. Zum anderen legte der Befund nahe, dass es Unterschiede im molekularen Clock Mechanismus zwischen neuronalen Oszillatorzellen und nicht-neuronalen Clock Zellen gibt. Im Gegensatz zu den neuronalen Oszillatoren sind die peripheren Clock Zellen nicht in der Lage, rhythmische Clock Gen Aktivität unter konstanten Bedingungen aufrecht zu erhalten. Den Hauptfaktor für die Synchronisation der inneren Uhr mit der Umwelt stellt der natürliche Licht-Dunkel Wechsel dar. Neben den Rhodopsin-haltigen Komplexaugen tragen die Clock Neurone direkt zur Lichtaufnahme bei, da sie den Blaulicht Photorezeptor Cryptochrom (Cry) exprimieren. Nach dessen Aktivierung findet eine lichtabhängige Konformationsänderung statt, die die Bindung von Cry an das Clockprotein Timeless (Tim) bewirkt. Tim bindet daraufhin das F-Box Protein Jetlag—ein Signal für den proteolytisehen Abbau von Tim im Proteasom. Der tägliche lichtinduzierte Abbau von Tim führt zu einem ,Neustart' der Clock Gen Expression und gewährleistet damit auch die Anpassung an veränderte Lichtbedingungen (z.B.: saisonale Variationen der Tageslänge, Jetlag). In neueren, bisher unveröffentlichten Experimenten konnten wir zeigen, dass Jetlag auch lichtabhängig an Cry bindet, so dass diese Interaktion evtl. der Lichtsynchronisation zu Grunde liegt, und nicht wie bisher angenommen die von Cry mit Tim. Einen weiteren Photorezeptor mit Bedeutung für die innere Uhr stellt das Hofbauer-Buchner (H- B) Äuglein dar. Diese Struktur besteht aus nur 4 photorezeptiven Zellen, die zwischen der Retina und dem optischen Lobus lokalisiert sind. Interessanterweise senden diese Zellen ihre Fortsätze direkt zu den Clock Neuronen, so dass schon seit der Entdeckung des H-B Äugleins vermutet wurde, dass es zur Lichtsynchronisation der inneren Uhr beiträgt. Durch gezielte Blockierung des postulierten Signals vom H-B Äuglein zu den Clock Neuronen mittels des Nervengifts Tetanustoxin, gelang es uns den Beitrag dieses Photorezeptors zur Synchronisation der inneren Uhr nachzuweisen. Der Lichtinput in das circadiane System der Fliege stellt sich daher als sehr komplex dar (Cryptochrom, H-B Äuglein, Komplexaugen, sowie mindestens ein weiterer Photorezeptor im dorsalen Gehirn; s. Ergebnisteil). Interessanterweise scheint die Synchronisation der menschlichen inneren Uhr ähnlich komplex zu verlaufen. Auch hier werden die Augen, spezielle Melanopsinexprimierende retinale Ganglienzellen, sowie Cry als circadiane Photorezeptoren diskutiert. Unter natürlichen Bedingungen tragen auch Temperaturzyklen zur Synchronisation der inneren Uhr bei. Wahrscheinlich werden Licht- und Temperatursignale im Gehirn der Fliegen integriert, um der inneren Uhr möglichst sichere und genaue Information über die Tageszeit zu vermitteln. Um den Mechanismus der Temperatursynchronisation aufzuklären, wurde ein genetischer Screen durchgeführt. Dabei sollten Mutanten identifiziert werden, die diesen Prozess stören. Die betroffenen Gene sollten dann Aufschluss über die an der Temperatursynchronisation beteiligten Proteine und den Mechanismus geben. Bisher konnte eine solche Mutation identifiziert werden. Überraschenderweise kodiert das betroffene nocte Gen jedoch für ein unbekanntes Protein, das keinerlei Homologien zu anderen Proteinen aufweist. Es handelt sich um ein 2300 Aminosäuren großes Glutaminreiches Protein. Da es keinerlei Cysteine in seiner Sequenz aufweist handelt es sich wahrscheinlich um ein intrazelluläres Protein. Da die Sequenz in diesem Falle keinen Aufschluss über den Mechanismus geben konnte, benützen wir momentan das nocte Gen um die für die Temperatur Synchronisation wichtigen Organe und Zellen zu identifizieren. Außerdem soll durch Isolierung von Proteinen, die mit Nocte interagieren, sowie durch Induktion neuer Mutanten dem Mechanismus der Temperatursynchronisation auf die Spur gekommen werden. Erste Ergebnisse brachten weitere überraschende Befunde: Im Gegensatz zur Lichtsynchronisation scheinen isolierte Gehirne nicht in der Lage zu sein ihre innere Uhr mit der Temperatur zu synchronisieren. Vielmehr scheinen sensorische Zellen in der Peripherie für die Temperaturwahrnehmung verantwortlich zu sein. Die Temperatur signale müssen dann auf bisher ungeklärte Weise zu den Clock Neuronen im Gehirn de Fliege weitergeleitet werden—ein fundamentaler Unterschied zur Lichtsynchronisation, die ja direkt im Gehirn stattfindet. Weitere überraschende und potentiell sehr weit reichende Erkenntnisse ergaben sich aus der Analyse des quasimodo (qsrri) Gens; ein neues ,clock-controlled-gene', das in meiner Arbeitsgruppe isoliert werden konnte. Das von qsm kodierte Protein ist vermutlich extrazellulär and die Membran von sensorischen Zellen und Clock Neuronen gekoppelt. Unsere bisherigen Ergebnisse lassen vermuten, dass Qsm die Eigenschaften bestimmter lonenkanäle in der Membran von Clock Neuronen reguliert. Momentan prüfen wir die spannende Hypothese, ob Qsm dafür verantwortlich ist, dass sich das Membranpotential der Clock Neurone tagesrhythmisch ändert. Mit anderen Worten, wir vermuten dass qsm (als rhythmisch exprimiertes Gen) zeitliche Information der inneren Uhr an die Membran der Clock Neurone weitergibt. Diese wiederum könnten die Information nutzen um z.B. circadiane Neuropeptide rhythmisch abzugeben und so rhythmisches Verhalten steuern. Das überraschendste Ergebnis der bisherigen qsm Studien war jedoch die Beobachtung, dass Fliegen mit stark reduzierter qsm Expression und ohne funktionierende innere Uhr (per } circadian rhythmisches Verhalten unter konstanten Bedingungen zeigen. Dies ist eine bisher einzigartige Beobachtung, da bisher immer angenommen wurde das Clock Gene (und speziell das period Gen) für Rhythmizität essentiell sind. Unsere Befunde legen nahe, dass es einen weiteren—möglicherweise auf neuronale Zellmembranen beschränkten-Oszillator in der Zelle gibt, der normalerweise mit der inneren Uhr interagiert, der aber unter bestimmten genetischen Bedingungen abgekoppelt von der inneren Uhr betrachtet werden kann. Momentan versuchen wir die Existenz und die Identität dieses Oszillators aufzuklären.

Publications

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    R. Stanewsky
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    S. Veleri, D. Rieger, C. Helfrich-Förster, and Ralf Stanewsky
  • (2008). Cryptochrome is present in the compound eyes and a subset of Drosophila's clock neurons. J Comp Neurol
    T. Yoshii, T. Todo, C. Wülbeck, R. Stanewsky, and C. Helfrich-Förster
 
 

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