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Nutzung stochastischer Resonanzphänomene im zentralen auditorischen System zur Tinnitustherapie
Antragsteller
Privatdozent Dr. Patrick Krauss; Dr. Konstantin Tziridis
Fachliche Zuordnung
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Phoniatrie und Audiologie
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 510395418
Subjektiver Tinnitus ist ein häufiges Symptom mit einer Prävalenz von 10 bis 20% der Bevölkerung und zählt damit zu den großen Volkskrankheiten westlicher Industrienationen, mit einer jährlichen Inzidenzrate von 270.000 an chronischem Tinnitus Neuerkrankten allein in Deutschland. Es wird angenommen, dass Tinnitus sich in Folge einer Schädigung des Gehörs entwickelt, wobei es sich hierbei sowohl um klinisch auffällige Schwerhörigkeit, als auch um klinisch unauffällige, sogenannte versteckte Schwerhörigkeit („hidden hearing loss“) handeln kann. Dabei sind insbesondere die häufig aus Tinnitus resultierenden Folgeerkrankungen wie Depression, Angstzustände, oder Schlaflosigkeit von Bedeutung, welche zu sozialer Isolation und Depression bis hin zum Suizid führen können. Trotz dieser erheblichen Belastung der Betroffenen existiert nach wie vor kein echtes Heilverfahren zur Behandlung von chronischem Tinnitus. Ein wesentlicher Grund dafür liegt in der Tatsache begründet, dass die neurophysiologischen Mechanismen, die infolge eines Hörverlustes zu der Entstehung eines chronischen Tinnitusperzepts führen, noch immer nicht vollständig verstanden sind. Gängige Modelle zur Tinnitusentstehung konnten bislang lediglich Teilaspekte des Phänomens erklären. Aus diesem Grund befasst sich unsere Arbeitsgruppe seit Jahren mit Grundlagenforschung zur Aufklärung ebendieser neurophysiologischen Mechanismen. Dabei ist es unlängst gelungen, ein neues Modell der Tinnitusentstehung, basierend auf tierexperimentellen Daten, Patientendaten und der Modellierung neuronaler Netze, zu entwickeln, welches überprüfbare Vorhersagen macht, aus denen sich eine völlig neuartige Sichtweise auf das Phänomen Tinnitus ergibt: Demnach wäre Tinnitus Nebenprodukt eines stochastischen Resonanz (SR) Mechanismus, welcher permanent der Optimierung der Informationsübertragung ins auditorische System und damit der Optimierung des Hörens dient. Zusammenfassend nimmt unser Modell zur Tinnitusentstehung an, dass das Hörsystem durch Erhöhung des internen, neuronalen Rauschens auf der Ebene der 2. Synapse SR auslöst und so die Hörschwellen nach Hörschaden sekundär wieder verbessert. Dieses interne Rauschen würde entlang des auditorischen Pfades bis in den auditorischen Kortex geleitet und wäre dann als Tinnitus wahrnehmbar. Basierend auf diesem Modell haben wir in unserem Labor eine neuartige Behandlungsstrategie - Ersetzen des internen neuronalen durch externes akustisches Rauschen - abgeleitet, deren prinzipielles Funktionieren wir bereits in zwei Pilotstudien unter meiner Leitung und mit Unterstützung von Dr. Krauss demonstrieren konnten. Im vorliegenden überarbeiteten Antrag soll dieses Verfahren nun in einem translationalen Ansatz auf seine praktische Anwendbarkeit hin überprüft und bezüglich der verwendeten Parameter detailliert ausgearbeitet werden. Dabei werden wir von der WSAudiology Sivantos GmbH im Zuge dieses Antrags mit entsprechenden Hörgeräten sowie technischer Beratung unterstützt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen