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Auswirkungen klimatischer Veränderungen im Pleistozän auf evolutionäre Prozesse. Eine paläogenomische Fallstudie zur Krähenhybridzone
Antragsteller
Professor Dr. Jochen B. W. Wolf
Fachliche Zuordnung
Evolution, Anthropologie
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 510399081
Artbildung ist ein Prozess mit zeitlicher und räumlicher Dimension. Länger währende Perioden biogeographischer Isolation bieten ursprünglich einheitlichen Populationen die Chance zu unabhängiger Evolution. Kommen diese ‚jungen Arten‘ zu einem späteren Zeitpunkt wieder in Kontakt, wird erwartet, dass die akkumulierten, genomweiten Unterschiede durch Genfluss erodieren. Unterschiede im Genom können lediglich im Bereich von Mutationen aufrechterhalten werden, die unter dem Einfluss von populationsspezifischer Selektion stehen. Klimaschwankungen während des Quartärs haben vermutlich eine solch räumlich-zeitliche Biodiversitätsdynamik bei einer Vielzahl von Organismen angeheizt: Unter ungünstigen Umweltbedingungen zogen sich die Populationen in geographisch unterschiedliche Refugien zurück, in denen sie sich unabhängig voneinander entwickeln konnten. Sobald sich die Umweltbedingungen jedoch verbesserten, erweiterten sie ihre Reichweite und kamen erneut in Kontakt. Dieses beliebte biogeographische Modell wird auf der Grundlage genetischer Signaturen rezenter Individuen unterstützt, ein direkter genetische Beweis steht jedoch aus.Paläozoologische DNA Proben (alte DNA) erlauben es nun die räumlich-zeitliche Dynamik solch evolutionärer Prozesse zu rekonstruieren. Als Modell verwenden wir die weit bekannte Hybridzone zwischen schwarzen Rabenkrähen (Corvus (corone) corone) und grau bemäntelten Nebelkrähen (C. (c.) cornix), die vermutlich durch wiederholte Isolations- und Rekolonisationsereignisse während glazial-interglazialer Zyklen im Pleistozän geprägt wurde. Die Kombination genomweiter Informationen aus sequenzierten Genomen von 118 rezenten Individuen und ~ 50 paläogenetischer Proben mit einem Alter von 500 bis über 70,000 Jahren ermöglicht es, den Artbildungsprozess im Detail nachzuzeichnen. Ziel dieses Projektes ist es (1) die demografische Geschichte europäischer Krähenpopulationen in Raum und Zeit zu rekonstruieren und (2) die Selektionsdynamik an ausgewählten, nachweislich unter sexueller Selektion stehenden Genombereichen zu entschlüsseln. Dieses Forschungsprogramm ermöglicht die direkte Überprüfung des vorherrschenden biogeografischen Modells zur Entstehung von Biodiversität und bietet grundlegende Einblicke in die Entstehung neuer Arten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen