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Globalisierung und Privatisierung der Hochschulbildung in der arabischen Welt

Fachliche Zuordnung Humangeographie
Förderung Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 51176418
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Krise der Hochschulbildung in der Arabischen Welt verschärfte sich in den 1990er Jahren in dramatischer Weise. Durch völlig unzureichende Finanzierung und mangelhafte Studienkapazitäten, Abkopplung der Hochschulabsolventen vom Arbeitsmarkt, Resignation des Lehrkörpers und einen massiven Braindrain schienen die arabischen Gesellschaften den Anschluss an die globalen Entwicklungen hin zur Formation neuer Wissensgesellschaften und Wissensökonomien zu verpassen. Als rettender Ausweg aus der tiefen Krise wurden neoliberale Strategien propagiert und umgesetzt, die auf die Privatisierung und Internationalisierung der Hochschulbildung abzielten. Daraus resultierte vor allem in den letzten zehn Jahren ein beispielloser Umbruch im Universitätssektor der arabischen Staaten. Über die damit verbundenen Veränderungen lagen zwar Einzelinformationen auf nationaler Ebene vor; diese divergierten jedoch stark von Land zu Land, waren in der Regel nur sehr oberflächlich, verschleierten die politischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge und erlaubten keine vergleichende Analyse und Erklärung der unterschiedlichen Entwicklungen. Im Rahmen der vorliegenden Studie ist es erstmals gelungen, einen umfassenden Überblick über die jüngsten Umwälzungen im Bereich der arabischen Hochschulbildung zu bekommen, die spezifischen Entwicklungen auf der Ebene der einzelnen Staaten vergleichend zu analysieren und sie zu erklären. Ermöglicht wurde dies in erster Linie durch qualitative Interviews mit 155 meist hochrangigen politischen und administrativen Akteuren, Investoren und Hochschulexperten in Ägypten, Jordanien, Katar, Oman und den VAE. Durch intensive Kooperation mit weiteren Wissenschaftlern konnten im Rahmen eines internationalen Forschungsnetzwerkes auch die Entwicklungen in anderen arabischen Ländern erfasst werden. Die wichtigsten Strategien zur Realisierung der neoliberalen Zielsetzungen im Hochschulbereich konzentrieren sich auf: unterschiedliche Formen der Privatisierung staatlicher Universitäten zur Erschließung nichtstaatlicher Finanzierungsquellen: entweder direkt durch private Investoren oder indirekt durch die Erhebung von hohen Gebühren für besonders begehrte Studienangebote sowie für die Zulassung gering qualifizierter, aber wohlhabender Studienwilliger; den nachhaltigen Know-how-Transfer zur Stärkung der berufsorientierten Bildung; die Erzielung von Deviseneinnahmen durch die Schaffung von attraktiven Bildungsangeboten für ausländische Studierende und die massive Erhöhung des Angebots an neuen Studienplätzen für die rasch wachsende einheimische Jugend. Mit den genannten Strategien ist in den meisten arabischen Ländern eine zunehmende Internationalisierung der Hochschulbildung verbunden, d.h. die Schaffung von international anerkannten Studienmöglichkeiten im eigenen Land. Welches Ausmaß dieser Trend angenommen hat, zeigt sich am Beispiel der VAE, wo sich bis zu 70 ausländische Universitäten im Rahmen unterschiedlicher Internationalisierungsmodelle etabliert haben. Dort ist der Höhepunkt der Expansion offenbar überschritten, denn seit 2010 haben die ersten Hochschulen mangels ausreichender Nachfrage ihre Aktivitäten bereits wieder eingestellt. Die Probleme, die hier und ebenso bei den jüngsten Strukturwandlungen in den übrigen untersuchten Staaten auftraten, konnten erfasst und vor dem Hintergrund der jeweiligen nationalen und lokalen Rahmenbedingungen analysiert werden. Besondere Beachtung fanden im Rahmen der Untersuchung die Kooperationen Deutschlands mit Ägypten, Syrien, Jordanien und Oman durch die dortige Förderung deutscher Universitäten und bilateraler Master-Programme. Die dabei angewandten Strategien, die einerseits entwicklungspolitische Aufgaben verfolgen und andererseits auf kommerziellen Bildungsexport abzielen, beinhalten unterschiedliche Chancen und Risiken – besonders vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Umwälzungen im Rahmen des „arabischen Frühlings“. Angesichts der gegenwärtigen Neuorientierung und geplanten Intensivierung der Zusammenarbeit im Hochschulbereich zwischen der Bundesrepublik und arabischen Staaten bieten die Ergebnisse des vorliegenden Forschungsprojektes wichtige Entscheidungshilfen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2006). German-Arab Cooperation in Education and Science and the Intercultural Dialogue – An Arab Perspective. In: Mediterranean Sea – Gap or Bridge? Trialogue of Culture 10. Herbert-Quandt-Stiftung, Bad Homburg, S. 118-122
    Al-Hamarneh, Ala
  • (2006). International Universities in the Arab World – Education, Business and Tourism. Islamic Tourism, No. 25, S. 46-48
    Al-Hamarneh, Ala
  • (2009). Globalisierung von Hochschulbildung in der Arabischen Welt: Eine Chance für die internationale Expansion deutscher Hochschulen? In: Maaß, Kurt-Jürgen, Bernd Tharun (Hrsg.): Deutsche Hochschulen im Dialog mit der Arabischen Welt. Wissensraum Europa-Mittelmeer, Bd. 1, Karlsruhe, S. 11-24
    Al-Hamarneh, Ala, Günter Meyer
  • (2009). Hochschulentwicklung im Sultanat Oman: Privatisierung und Internationalisierung. DAVO-Nachrichten Bd. 29, S. 65-68
    Brandenburg, Torsten
  • (2009). Jordanien – Hochschulbildung zwischen Liberalisierung, Export und Capacity Building. inamo, Bd. 59, S. 32-35
    Al-Hamarneh, Ala
 
 

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