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Rasterkraftmikroskop mit inversem Fluoreszenzmikroskop

Fachliche Zuordnung Geologie und Paläontologie
Förderung Förderung in 2007
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 51257545
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Seit der Entdeckung des Tunneleffektes in den späten 1970er Jahren durch Binnig und Rohrer hat sich die Rastertunnel- bzw. Rasterkraftmikroskopie (RKM) zu einem unverzichtbaren Werkzeug zur Untersuchung der Topographie und Eigenschaften von Oberflächen entwickelt. Je nach Bedingungen des Untersuchungsmaterials können mit dieser Technik Oberflächenstrukturen im molekularen bis atomaren Maßstab aufgelöst werden. Mit der Möglichkeit, die Kräfte zwischen der Spitze des Kraft-Auslegers des RKM und der Probe als Funktion des Abstands ortsaufgelöst zu messen (sog. Kraft-Abstandkurven), ist es weiterhin möglich, neben den topographischen Informationen auch Eigenschaften der Oberfläche (z. B. Ladungsverteilung, Hydrophobizität) bzw. mechanische Eigenschaften des Materials (z. B. Modulus, Plastizität) und davon abhängige Größen zu bestimmen (u. a. Adhäsion, Benetzbarkeit). Werden nun noch chemisch (mineralogisch, organisch) modifizierte Cantilever verwendet, können spezifische Wechselwirkungen erfasst werden. Die Anwendung dieser Techniken setzt neben einem geeigneten Instrument eine erschütterungsfreie und akustisch leise Messumgebung voraus. Letzteres ist gerade bei der Durchführung von Kraft-Abstandkurven und bei der Bestimmung mechanischer Eigenschaften unabdingbar, weil hier die Spitze mit einer Anregungsfrequenz über die Probe geführt wird, die im Kiloherzbereich liegt und daher durch akustische Umgebungsgeräusche gestört wird. Weiterhin ist die Vorbereitung bzw. Präparation des Probematerials eine entscheidende Größe für die erfolgreiche Durchführung von Messungen mit dem RKM. Beide Aspekte haben wir im Rahmen der Arbeiten zum SPP1315 Biogeochemical Interfaces in Soil bearbeitet. Im Ergebnis konnten wir eine optimierte Präparationsmethode für Tonminerale aus Böden vorstellen, aber auch aufzeigen, dass bei der Bestimmung der spezifischen Oberfläche mittels RKM entscheidende Größen wie z. B. Partikelvolumen, Habitus, Basalfläche und Kantenfläche bestimmt werden können. Im Fokus unserer weiteren Arbeiten mit dem RKM liegt die Untersuchung von mikro- bis submikronskaligen Partikeln, die in Böden, Sedimenten, Sicker- und Grundwässern vorkommen. Häufig sind diese Partikel aus mineralischen und organischen Komponenten aufgebaut, stellen also mineral-organische, zu einem großen Anteil nanopartikuläre Mischphasen dar. Da ihre Bildung im Zuge der Pedogenese erfolgt, sind mineralische Komponenten die ererbten Mineralphasen des Ausgangsgesteins und die pedogenen (bodenbürtigen), meist Oxi-Hydroxide geringer Nahordnung (sog. short-range-ordered minerals). Die organischen Komponenten dieser Mischphasen sind entsprechend der stofflichen Variabilität des gelösten und kolloidalen Kohlenstoffs in Böden und Grundwasser dabei chemisch extrem divers und umfassen sowohl biotische Substanzen als auch Huminstoffe. Da die Kraftmikroskopie eine streng oberflächenorientierte Messtechnik ist, bei der eine nanometergroße Spitze, die an einem Kraftausleger befestigt ist, über die Oberfläche geführt wird, sollte die Probe möglichst planar sein und keine zu großen Höhenunterschiede (wenig „geklüftetes“ Relief) aufweisen. Ist dies nicht möglich oder aber die Probe sehr groß (mehrere 10er Mikrometer), dann müssen bzw. können Ausschnitte der Probe untersucht werden. Die Bildung und Stabilität dieser mineralorganischen Mischphasen hängt von den Kräften ab, die zwischen den einzelnen diese aufbauenden Komponenten wirken und von der Art, der Größe und den Eigenschaften der kontaktierenden Oberflächen. Im Gegensatz zu den klassischen, in den Bodenwissenschaften angewendeten Methoden der Oberflächenbestimmung (z. B. BET Methode mit N2, CO2 oder EGME) ermöglicht die Kraftmikroskopie die Bestimmung von Oberflächenmorphologie, Rauhigkeit, Basal und Kantenflächen sowie des Volumens natürlicher Proben und erlaubt somit die Beurteilung der Oberflächenmorphologie für die Stabilität von mineralorganischen Mischphasen und Mikroaggregaten. Eine Besonderheit der mikro- bis submikronskaligen mineralorganischen Mischphasen stellen diejenigen dar, die durch Adsorption oder Co-Präzipitation in Gegenwart extrazellulärer polymerer Substanz (EPS) entstanden sind. EPS ist eine Mischung aus polymeren organischen Substanzen, zumeist Polysaccharide, Proteine, Lipide und Nucleinsäuren, die von Bakterien gebildet wird. Im Zusammenhang mit den mineralorganischen Mischphasen wirkt die EPS quasi als „Klebstoff“ zwischen Mineralpartikeln, verändert aber auch deren Oberflächeneigenschaften. So konnten wir unter Anwendung komplementärer spektromikroskopischer Techniken zeigen, dass EPS im Zuge der Bildung mineralorganischer Mischphasen, hier mit Goethit, chemisch fraktioniert und Oberflächenüberzüge bildet, die die mechanischen Eigenschaften verändern. Gleiches gilt auch für die Wechselwirkung von Biofilmen mit mineralischen Komponenten in Böden und Sedimenten. Die Ziele unserer aktuellen Arbeiten zu Aufbau, Eigenschaften und Funktion mikro- bis submikronskaliger mineralorganischer Mischphasen und Bodenmikroaggregaten sind dabei folgende. 1. Verständnis der Bildung und Stabilität als Funktion der Wechselwirkungskräfte und der Kontaktflächentopographie; 2. Quantifizierung der Veränderung der Oberflächeneigenschaften durch Wechselwirkung mit EPS und anderer natürlicher organischer Substanzen, 3. Korrelation der Ergebnisse mit chemischen Informationen, die mittels orstauflösender chemischer Analysemethoden gewonnen werden können, wie zum Beispiel der NanoIR, der NanoSIMS und der Synchrotron-basierten Röntgenmikroskopie.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2010. Biogeochemical interfaces in soil: The interdisciplinary challenge for soil science. J. Plant Nutr. Soil Sci. 173, 88-99
    Totsche, K.U., Rennert, T., Gerzabek, M.H., Kögel-Knabner, I., Smalla, K., Spiteller, M. & Vogel, H.-J.
  • (2011) Specific surface area of clay minerals: Comparison between atomic force microscopy measurements and bulk-gas (N2) and -liquid (EGME) adsorption methods. Appl. Clay Sci. 53, 20-26
    Macht, F., Eusterhues, K., Pronk, G.J. & Totsche, K.U.
  • (2012) Advanced spectroscopic, microscopic, and tomographic characterization techniques to study biogeochemical interfaces in soil. J. Soil. Sediment. 12, 3-23
    Rennert T., Totsche K.U., Heister K., Kersten M., Thieme J.
  • (2012): Untersuchungen zur Faziescharakterisierung und der Bedeutung der Mineral-Poren-Grenzfläche bei Fluid-Gesteinsreaktionen in den RotliegendSandsteinen des Altensalzwedel Block, Altmark, Sachsen-Anhalt. Endbericht zum F&E Verbundvorhaben CLEAN, Teilprojekt TV III.1-3, Friedrich-Schiller-Universität Jena, 167 pp.
    Pudlo, D., Gaupp, R. and Kohlhepp, B.
  • (2013) STXM and NanoSIMS Investigations on EPS Fractions before and after Adsorption to Goethite. Env. Sci. Technol. 47, 3158-3166
    Liu, X., Eusterhues K., Thieme J., Ciobota V., Höschen C., Müller C., Küsel K., Kögel-Knabner I., Rösch P., Popp J., Totsche K.U.
  • (2015): Effects of H2 and CO2 underground storage in natural pore reservoirs - findings by SEM and AFM techniques. European Association of Geoscientists and Engineers - Third Sustainable Earth Science Conference & Exhibition, 13. - 15. October 2015, Celle/Germany. Conf. proceed., 5 pp.
    Henkel, S., Pudlo, D., Albrecht, D., Reitenbach, V., Ganzer, L., Totsche, K.U., and Gaupp, R.
 
 

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