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Forever young? Eine Wirtschaftsgeschichte des Alterns im 20. Jahrhundert am Beispiel des Marktes für Altersvermeidung in Deutschland

Fachliche Zuordnung Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 513257106
 
Im Zuge einer historisch bislang einmaligen Altersverteilung werden immer mehr Menschen immer älter, was als individueller Lebensgewinn begrüßt, aber auch als gesellschaftliche Gefahr der Überalterung problematisiert werden kann. Getrieben ist der moderne Umgang mit dem Alter von einer eigenwilligen Paradoxie der Altersvermeidung bei gleichzeitigem Älterwerden: Je älter die Menschen wurden, desto drängender wurde der Wunsch, nicht zu altern. Solche Wünsche sind jedoch kein Merkmal der Gegenwart, sondern führten insbesondere seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert zu einer steigenden Nachfrage nach Vitaminen, Hormonen, Hautcremes,m Haarfärbemitteln oder auch Naturkosmetik. Der veränderte Umgang mit dem Alter war daher auf das Engste mit den Erzeugnissen von Unternehmen verbunden, die im Mittelpunkt des vorliegenden Forschungsvorhabens stehen: Wie wurde eine so ambivalente menschliche Erfahrung zum Ausgangspunkt eines Massenmarktes? Welches Kalkül lag Unternehmen wie Merck, Schering oder Henkel zugrunde, sich im Bereich der Linderung von Alterserscheinungen zu engagieren? Und schließlich: Welche Rolle spielten die Unternehmen in diesem gesellschaftlichen Strukturwandel des Alters? Prägten sie aktiv die Vorstellung vom Altern oder waren sie lediglich Nachahmer eines ohnehin stattfindenden Wandels?Auf den ersten Blick scheint es sich bei Unternehmen um mächtige Akteure zu handeln, die Alters- und Körperbilder prägten und im Fahrwasser des medizinischen Fortschritts ihren gesellschaftlichen Einfluss ausbauten. Fragt man hingegen nach den Schwierigkeiten und Fallstricken der Vermarktung, wird deutlich, dass es sich bei den genannten Produkten um schwer zu handhabende Erfahrungs- und Vertrauensgüter handelte, deren Nutzen für den Konsumenten erst in der Zukunft und obendrein meist nur sozial vermittelt abzuschätzen war. Dies begründete eine fundamentale Unsicherheit der Nachfrage, was dafür spricht, dass solche Märkte nicht allein anhand technischer Möglichkeiten oder preislicher Anreize plausibel gemacht werden können.Das vorliegende Projekt zielt am Beispiel von Altersprodukten auf die Entwicklung einer Wirtschaftsgeschichte des Alterns. Im Gegensatz zu den bislang dominierenden kultur- und wissenschaftsgeschichtlichen Zugängen soll das Thema wirtschaftshistorisch von der Anbieterseite her aufgegriffen werden. Anhand von Unternernehmensarchiven soll exemplarisch für Deutschland zwischen 1900 und 1990 untersucht werden, wie durch Vitamine (Merck), Hormone (Schering), Hautcremes (Beiersdorf; Wolff & Sohn), Haarfärbemittel (Henkel) und Nauturkosmetik (Wala Heilmittel) ein Markt für industriell hergestellte Altersprodukte geschaffen und stabilisiert wurde. Im Kern geht es darum, die Möglichkeiten und Grenzen des unternehmerischen Zugriffs auf den alternden Menschen zu rekonstruieren und einzuordnen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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