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Gedächtnis für Handlungen: Werden Handlungssequenzen nach Ausführung besser erinnert als nach Beobachtung oder Lernen?

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2007 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 51360308
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Seit den 80er Jahren wurde die Gedächtnisleistung für ausgeführte, beobachtete und verbal erlernte einfache Handlungen (wie „ein Streichholz zerbrechen“) untersucht. Die entsprechenden Forschergruppen postulierten einen Handlungsvorteil gegenüber anderen Lernbedingungen. Die bisherige Forschung präsentierte vor allem unverbundene Verb-Objekt-Phrasen, deren Ausführung ohne weitere Bedeutung war. Das erste Ziel des vorliegenden Projekts war es, die Gültigkeit des Handlungseffekts für zielgerichtete Handlungsabläufe zu überprüfen. Wir konnten wie postuliert zeigen, dass Handlungsausführung zu einem stärkeren Fokus auf die Einzelhandlung führt, Handlungsbeobachtung dagegen oft mehr auf die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Handlungen. Entsprechend konnten keine Unterschiede in der Erinnerungsleistung nach Handlungsausführung und Handlungsbeobachtung gefunden werden. Dieser Befund deckt sich mit dem Ergebnis unseres ausführlichen Literaturüberblicks: Entgegen alltäglicher Vermutungen werden Alltagsaktivitäten nach Handlungsausführung nicht verbessert erinnert. Eine zweite Serie von Experimenten ergab, dass anscheinend das mühelose Ausführen der Einzelhandlungen suggeriert, man könnte diese Handlungsabläufe leicht nachmachen: Handelnde schätzten die kognitive Belastung während der Lernphase niedriger ein als Beobachtende, insbesondere gegen Ende einer Handlungssequenz. Gleichzeitig waren die Handelnden, wie Reaktionszeiten in einer Zweitaufgabe zeigten, jedoch höher belastet, und ihre Leistung im Nachmachen der Handlungssequenzen war am Ende nicht besser als die der Beobachtenden. Handlungsausführung bewirkte also objektiv eine zusätzliche kognitive Belastung, subjektiv aber ein Gefühl geringer mentaler Belastung. Dies könnte ein Grund für die Annahme sein, dass Handlungsausführung vorteilhaft ist. In einer dritten Experimentserie untersuchten wir theoretisch eng verwandte Bedingungen zum Ausführen und Beobachten, bezogen auf Gesprächssituationen: Sprechen wurde mit Handlungsausführung gleichgesetzt, Beobachten mit Zuhören. In einer Situation, die dem Speed- Dating ähnelt, konnten wir zeigen, dass man sich an Gesprochenes besser erinnert als an Gehörtes, jedoch bei eigenen Äußerungen schlechter den Konversationspartner erinnern kann als bei Gehörtem. Dies bietet eine Erklärung dafür, wieso Menschen sich in Gesprächen wiederholen – sie erinnern sich nur noch, was sie gesagt haben, nicht aber, wem sie es erzählt haben. Unsere vierte Experimentserie zeigte, dass Menschen sich gut an Handlungsabsichten erinnern, wenn mit diesen Absichten verbundenes im Gedächtnis stark aktiviert sind. Handlungen, die bereits einmal ausgeführt wurden, sind jedoch schwächer aktiviert; dies bietet eine Erklärung dafür, dass man eher vergisst, eine Absicht auszuführen, wenn man die entsprechende Handlung bereits vorher einmal ausgeführt hat. Zusammenfassend bewirkt „tun“ eine gute Erinnerung an die einzelne Handlung, verbunden mit dem Gefühl, die Ausführung sei leicht. Damit gehen jedoch eine Reihe von Nachteilen einher: Menschen sind geistig durch Handlungsausführung stärker belastet und die Handlungen sind schlechter in einen Gesamtzusammenhang eingeordnet. Zwei negative Konsequenzen dessen sind, dass man sich schlechter daran erinnert, gegenüber wem man eine Äußerung getan hat, und man vergisst leichter, die Handlung später wieder auszuführen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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