Detailseite
Projekt Druckansicht

Prozesse der Kommodifizierung und Standardisierung in Wertschöpfungsketten für tropische Süßwasserfische – aktuelle und historische Perspektiven

Fachliche Zuordnung Humangeographie
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 516754715
 
Die Erfindung des Aquariums Mitte des 19. Jahrhunderts weckte den Wunsch, ein Stück ‚Natur‘ zu Hause nachzubilden: eine kontrollierte ‚Miniaturwildnis‘ mit einigen selbst-regulierenden Eigenschaften. Die frühen Importe von tropischen Fischen nach Europa waren aufgrund begrenzter Technologien und der langen Transportwege mit hohen Sterblichkeitsraten verbunden. Organisatorische und technologische Verbesserungen förderten den Prozess der Kommerzialisierung, und der Handel mit tropischen Fischen wurde professioneller. Diese Fortschritte ermöglichten es auch, mehr Süßwasserarten in Gefangenschaft zu züchten, was zu einem Anstieg des Angebots an tropischen Fischen auf den europäischen und nordamerikanischen Märkten führte. Heute sind mehr als die Hälfte aller lebenden Wirbeltiere im weltweiten Handel Zierfische. Zwischen 2000 und 2500 Süß- und Meerwasserarten werden regelmäßig gehandelt, aber nur 30 Süßwasserarten dominieren den Weltmarkt. Dies spiegelt nicht nur einen hohen Grad an Standardisierung bei den gehandelten und gehandelten Arten wider, sondern auch die wichtige Rolle internationaler Zuchtstandards. Standardisierungsprozesse lassen sich in mindestens drei Bereichen beobachten: (1) Zuchtstandards, (2) Verpackungsstandards für den Luft- und Landtransport, (3) die Übernahme von Industriestandards durch Zuchtbetriebe u. Ä. Der Handel wird über ein Netzwerk dominanter Handelszentren abgewickelt und kontrolliert: v. a. Singapur, Frankfurt, Amsterdam, Miami, Los Angeles. Studien zum Handel mit Zierfischen haben wichtige Erkenntnisse über die Handelsmuster und die Bedeutung der verschiedenen Arten geliefert. Wenig Aufmerksamkeit wurde jedoch den damit verbundenen lokalen und globalen Wertschöpfungsketten gewidmet. Die Kommerzialisierung des Zierfischhandels wirft eine Reihe ökologischer, moralischer und sozialer Fragen auf, wie z. B. die Schädigung von Ökosystemen, transportbedingte Sterberaten oder auch den Schutz der Lebensgrundlage von Kleinfischern und -züchtern. Der Schwerpunkt dieses Projekts liegt auf den Prozessen der Kommodifizierung und der Entwicklung von Standards. Konzeptionell greift die Forschung sowohl diskursive als auch nicht-anthropozentrische (Multi-Spezies) Perspektiven auf. Ziel ist es, zwei teilweise konkurrierende Arten von Wertschöpfungsketten für Zuchttiere und für Wildfänge zu untersuchen. Die Methodik basiert hauptsächlich auf qualitativen Interviews mit Akteuren entlang der Wertschöpfungsketten in (1) Singapur und benachbarten Zuchtgebieten (Zuchttiere), (2) Tansania (Wildfänge) sowie (3) Frankfurt und Amsterdam (Importeure, Großhändler). Zusätzlich werden führende Aquaristik-Zeitschriften ab den 1870er Jahren ausgewertet, um eine tiefere historische Perspektive auf Kommodifizierungs- und Standardisierungsprozesse zu erhalten. Diese Analysen werden auch Einblicke in das sich wandelnde Verständnis von tropischen Fischen als etwas Natürliches, Authentisches oder Wildes oder als domestizierte Haustiere geben.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Indonesien
Kooperationspartner Dr. Arie Yulfa
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung