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Aurignacienzeitliche Ökonomie und soziale Organisation unter extremen Bedingungen: systematische Zusammensetzungen von Steinartefakten und räumliche Analysen am Freilandfundplatz Breitenbach (Sachsen-Anhalt, Deutschland)

Antragstellerin Dr. Laura Centi
Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 516948088
 
Die Zeit des Aurignacien ist durch ein hohes Maß der Strukturierung sozialer Praktiken gekennzeichnet. Dieses spiegelt sich in einer differenzierten Nutzung des Raums wider, die auf die Trennung von Aktivitäten nach sozialen Aspekten wie Verwandschaft, Geschlecht, Alter, Geschick order Status zurückzuführen sein mag. Obgleich das Verständnis der räumlichen Organisation auf Fundplatzebene entscheidend für das Verständnis der Interaktionen zwischen Individuen und der aurignacienzeitlichen sozialen Organisation ist, sind entsprechende Untersuchungen zumeist durch die geringe zeitliche Auflösung des archäologischen Nachweises eingeschränkt. Des weiteren fokussierten Forschungen zum Aurignacien bislang ganz wesentlich auf archäologisch fundreiche Regionen wie Aquitanien oder die Schwäbische Alb bzw. auf Höhlenfundplätze, die die weitaus häufigsten Nachweise dieser Zeit stellen. Das beantragte Projekt soll durch die Untersuchung des großflächig und außergewöhnlich gut erhaltenen Freilandfundplatzes Breitenbach eine neue und erweiterte Sicht auf das Aurignacien werfen. Breitenbach belegt die Nutzung kaltklimatisch geprägter Tundren, die in der Mitte der letzten Kaltzeit den nördlichen Teil Deutschlands kennzeichneten. Das beantragte Vorhaben zielt auf das Verständnis der sozialen und räumlichen Organisation des Platzes ab. Die Grundlage hierfür liegt in der Temporalität von Ereignissen, die aus Zusammenpassungen von Steinartefakten und deren dreidimensionale Kartierungen rekonstruierbar ist. Zusammenpassungen bilden die zentrale methodolische Grundlage, über die das feinst-mögliche Maß zeitlicher Auflösung in archäologischen Kontexten erreicht werden kann. Darüber hinaus ermöglichen sie Aussagen über Aspekte der Rohmaterialökonomie und der technischen Variabilität. Zusammen mit Kartierungen weiterer Fundgattungen wird die sich über die Zeit ändernde Art der Nutzung des Platzes dynamisch und hochauflösend rekonstruiert. Durch Vergleiche mit anderen Stationen wird es möglich sein, ein verfeinertes Modell der Nutzung und Ausdifferenizierung eines großen Siedlungsplatzes über seine Belegungszeit zu entwickeln. Das Projekt wird damit wesentlich dazu beitragen, unsere bisherige Kenntnis über diese entscheidende Phase der Menschheitsgeschichte, die in hohem Maße auf Untersuchungen von Höhlen und Felsdächern beschränkt ist, grundlegend zu erweitern. Zudem trägt die Lage des Fundplatzes dazu bei, die soziale Organisation des Aurignacien in einem durch extreme Umweltbedingungen gekennzeichneten Gebiet fernab der Verbreitungszentren zu erhellen. Über diese Ziele hinaus folgt das beantragte Projekt mit der Entwicklung eines neuen Standardprotokolls für Zusammenpassungen von Steinartefakten eine zentrale methodische Agenda: Das zu entwickelnde Protokoll dient der Dokumentation und Analyse von Schlagabfolgen und deren Vergleichbarkeit und soll die Methode des “Refittings” wesentlich voranbringen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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