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Destruktivität im zeitgenössischen Autoritarismus. Eine Neuvermessung autoritärer Syndrome im Kontext digitaler Medien
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professorin Dr. Vera King; Professor Dr. Ferdinand Sutterlüty
Fachliche Zuordnung
Soziologische Theorie
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 516995250
Ziel des Vorhabens ist eine empirisch fundierte Theorie gegenwärtiger, von Destruktivität geprägter Formen des Autoritarismus. Eine Neuvermessung autoritärer Syndrome im Kontext digitaler Medien wird dabei in dreierlei Hinsicht als notwendig erachtet: Erstens sollen Genese und Merkmale neu bestimmt werden vor dem Hintergrund, dass die klassische Trias des Autoritarismus – Unterwerfungsbereitschaft, Aggressivität und Konventionalismus – ihre Gestalt verändert hat. So werden in entsprechenden politischen Milieus und Bewegungen, auch in Deutschland, auf das sich die Empirie des Projekts bezieht, gesellschaftliche Autoritäten attackiert und Unterwerfungsbereitschaft eher den Gegner:innen zugeschrieben. Destruktivität spielt im politischen und sozialen Sinne eine zentrale Rolle, die sozialpsychologische Untersuchung ihrer Bestimmungsmomente und Dynamiken sind ein Kernziel des beantragten Projekts. Zweitens müssen im Verhältnis zu früheren Studien die medialen Entstehungs- und Äußerungsbedingungen genauer einbezogen werden, im Besonderen die digitalen Medien mit ihren Kommunikationsformaten, Selektionsmechanismen und affektiven Erregungsspiralen. Dazu soll exemplarisch untersucht werden, wie sich Elemente des neuen Autoritarismus und destruktive Dynamiken in Inhalt und Form medial vermitteln, welche Funktionen digitale Medien in spezifischen Lebenslagen und Krisensituationen erlangen, wie sie als Katalysatoren für Autoritarismus fungieren. Drittens sind in Relation zu klassischen, aber auch rezenten Ansätzen des Autoritarismus konzeptionelle Weiterentwicklungen notwendig. So geht der hier verfolgte Ansatz, der sich in der soziologischen Sozialpsychologie verortet und auch auf psychoanalytische Perspektiven rekurriert, davon aus, dass biographisch-sozialisatorische Dimensionen zwar wirksam sind, aber in komplexen Wechselwirkungen mit sozialen und medialen Bedingungen stehen, die genauer zu untersuchen sind. Einfache Analogien zwischen gesellschaftlichen Verhältnissen einerseits und familialen Beziehungsqualitäten anderseits sind ebenso wenig anzunehmen wie eine Kontinuität autoritärer Eltern-Kind-Beziehungen oder eindimensionale Effekte psychischer Dispositionen. Vielmehr gilt es, das immer noch kontrovers diskutierte Verhältnis von Disposition, Sozialisation und gesellschaftlichem Kontext im Lichte der Nutzung digitaler Medien theoretisch und methodisch neu zu fassen. Forschungspraktisch werden mit Blick auf eine erfahrungsgesättigte Theoriebildung im Sinne der Grounded Theory-Methodologie sowohl narrative Interviews mit Personen aus einschlägigen Kontexten und Foren analysiert als auch eine online-ethnographische Teilstudie (Netnographie) durchgeführt. Das Innovative des insgesamt auf Theoriebildung zielenden Projekts liegt sowohl in der Fokussierung von Destruktivität als wirkmächtigem Element des Autoritarismus als auch in der Art der Verknüpfung von Untersuchungsebenen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen