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Interdisziplinäres Netzwerk für ein Handbuch zur Kulturgeschichte der Jagd
Antragsteller
Professor Dr. Maurice Saß
Fachliche Zuordnung
Kunstgeschichte
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 517690515
Jagd gehört seit jeher zu den folgenreichen Kulturtechniken, mittels derer binäre Hierarchien geschaffen, befördert und bewahrt wurden: zwischen Mensch und Tier, Zivilisation und Wildnis, Eigenem und Fremden, männlich und weiblich, 'weiß' und 'schwarz', adelig und bürgerlich etc. Bei diesen Differenzbildungen spielt nicht nur die Praxis des Jagens selbst, sondern auch ihre mediale und diskursive Inszenierung eine zentrale Rolle, was sich bis in aktuelle Diskussionen hinein verfolgen lässt. Denn die Brisanz des Themas verdeutlichen neben einer Vielzahl an Studien verschiedenster Disziplinen auch die kontroversen öffentlichen Debatten zu Fragen des Jagdrechts, der Tierethik, des Wildlife Managements u.a. Allerdings fehlen bislang übergreifende Untersuchungen, die der Komplexität der differenzbildenden Funktionen von Jagdpraktiken in der europäischen Kulturgeschichte in ihrer Breite Rechnung tragen. An dieser Stelle setzt das beantragte interdisziplinäre Netzwerk an. Es hat ein dreifaches Ziel: 1. einen fächerübergreifenden Forschungsdiskurs zur Jagd zu etablieren und erstmals die historisch-kritischen Perspektiven von disziplinär bislang vereinzelten Studien nachhaltig in einen regionen-, medien- und epochenübergreifenden Dialog zu setzen (vom Mittelalter bis zur Gegenwart, in Europa und seinen ‚Kontaktzonen‘, in Texten, Bildern, Objekten und Architekturen); 2. wird dabei eine intersektionale Verknüpfung der bislang meist getrennt voneinander behandelten Hierarchisierungsstrukturen angestrebt (v.a. entlang der Kategorien hypostasierter ‚Rasse‘, Klasse, Geschlecht und Animalität); 3. sollen im Rahmen einer kulturwissenschaftlichen Herangehensweise erstmals Realhistorie und Imaginationsgeschichte der Jagd (also Praxis und Repräsentation) in ihren Interdependenzen umfassend zusammengedacht und deren Erforschung vorangetrieben werden. Zur Erreichung dieser Ziele wird das Netzwerk ein kulturwissenschaftliches Handbuch erstellen, das erstmals eine systematische Darstellung zur Kulturgeschichte der europäischen Jagd zwischen Mittelalter und 21. Jahrhundert bietet. Dieses soll einerseits als zentrales Referenzwerk für Forschende aus Bereichen wie z.B. der Ökokritik, der Hof- und Adelsforschung oder der Sozialgeschichte dienen. Mit Blick auf die Jagdforschung andererseits wird das Handbuch eine Vielzahl inter- und transdisziplinärer Ansätze erproben und damit deren Notwendigkeit für ein Verständnis der Jagd und ihrer differenzbildenden Funktionen offenkundig machen. Dabei wird es die aktuell in der Forschung noch weit verbreitete Prämisse, es gäbe entweder Jagden, deren Zweck im Jagen selbst lägen, oder aber rein metaphorische Jagden (etwa der Liebe oder Erkenntnis), überwinden und damit als methodischen Standard künftiger Forschung etablieren, jagdhistorische Ereignisse, Phänomene und Zeugnisse zugleich in intersektionaler Perspektive wie im Zusammenspiel faktischer und symbolischer Wirkungsentfaltung zu untersuchen.
DFG-Verfahren
Wissenschaftliche Netzwerke
Mitverantwortlich(e)
Dr. Laura Elisabeth Beck