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Patientenbilder - Zur Geschichte des Menschen- und Körperbildes des orthopädischen Kranken
Antragsteller
Professor Dr. Rolf Winau (†)
Fachliche Zuordnung
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung von 1999 bis 2006
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5177624
Vom wissenschaftshistorischen Ansatz ist die geplante Untersuchung im Grenzbereich der Medizin-, Wissenschafts- und Kulturgeschichte angesiedelt. Es geht um das Menschen- bzw. Körperbild einer Randgruppe, die nach der Jahrhundertwende zunehmend in das Blickfeld von Sozialreformern und Medizinern geriet und über gesetzliche Rahmenbedingungen (Preuß. Krüppelfürsorgegesetz 1920) in der Weimarer Zeit der öffentlichen Fürsorge unterstellt wurde. Ausgangsbasis bildet der umfangreiche Bildbestand aus den Jahren 1906-1926, der sich im Archiv des Berliner Oskar-Helene-Heimes befindet. Das Oskar-Helene-Heim (gegr. 1914) als eine der größten orthopädischen Privatanstalten für Kinder und Jugendliche wurde unter der Leitung von Konrad Biesalski und Hans Würtz zu einem Zentrum der deutschen Krüppelfürsorge. Das Bildmaterial (Fotos, Filme und Diapositive) diente nicht nur zur Dokumentation von Krankheitsbildern und Therapieerfolgen, sondern war insbesondere für die Vermittlung sozialpädagogischer und didaktisch-moralischer Inhalte im Rahmen der intensiven publizistischen und propagandistischen Tätigkeit des Oskar-Helene-Heimes gedacht. Diese Bildquellen geben damit nicht nur Auskunft über die Veränderungen von Krankheitsbildern und Behandlungsweisen und über das Anstaltsleben von Behinderten, sie transportieren auch zeitgenössische Sichtweisen und intendierte gesellschaftliche Bewertungen von als "hilfsbedürftig und sozialgefährdet eingestuften" Menschen. Die geplante Untersuchung fragt sowohl nach den konkreten Patientenbildern und -räumen, sowie nach der Instrumentalisierung und Indienstnahme des orthopädisch kranken Menschen durch Mediziner und Pädagogen für unterschiedliche Zwecke und Zielsetzungen. Hierbei muß auch die Frage gestellt werden, in welcher Weise die transportierten Bilder zur Gefährdung der behinderten Kranken im Nationalsozialismus beigetragen haben.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Beteiligte Person
Professorin Dr. Eva Brinkschulte