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Emancipatio Rabbinica: Die Stellung der rabbinischen Literatur in den Debatten über den Status der Juden in der Moderne (1600–1900) im italienischen, deutschen und osteuropäischen Kontext
Antragsteller
Professor Zeev Strauss, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 518233389
Bezugnahmen auf die rabbinische Literatur und zuvorderst auf den Talmud finden sich vielfach in dem umfangreichen Bestand solcher jüdischer und christlicher Texte, die die Stellung der Juden in Europa zwischen 1600 und 1900 behandeln. Unabhängig davon, ob sich jemand für die bürgerliche und soziale Gleichstellung von Juden einsetzte oder diese zu bekämpfen suchte, stellte der Talmud die maßgebliche Quelle dar, auf die es sich zu berufen galt. Entsprechend entfiel in den interreligiösen Debatten dieser Zeit ein nicht unerheblicher Anteil darauf, den signifikanten Einfluss des Talmuds und der rabbinischen Literatur auf die christliche Mehrheitsgesellschaft hervorzuheben. Zahlreiche der im Zuge dieser Diskussion entstandenen Werke beziehen sich ausdrücklich auf den Talmud, entweder um ihn als Quelle für die ethische und kulturelle Stärke des jüdischen Volkes auszuweisen oder um ihn als Ursache für das über sie kommende Unheil zu verunglimpfen. Trotz der weitreichenden transkulturellen und länderübergreifenden Implikationen wurde in der bisherigen Forschung bisher jedoch noch keine umfassende Untersuchung, die der herausragenden Bedeutung der rabbinischen Traditionsliteratur für die vorgenannten Debatten Rechnung trägt, unternommen. Emancipatio Rabbinica wird erstmalig ein umfassendes Corpus bestehend aus Texten aus dem italienischen, deutschen und osteuropäischen Kulturraum vom Beginn des 17. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zusammenstellen und diese einer eingehenden Untersuchung unterziehen. Ferner widmet sich das Projekt komplexen Fragestellungen, indem es etwa die spezifische Prägung des zeitgenössischen religiösen Diskurses, die Rahmenbedingungen des jüdisch-christlichen Verhältnisses, die Wahrnehmung von Juden und Judentum sowie jene unternommenen Angriffs- bzw. Verteidigungsstrategien behandelt, in denen der Talmud als stellvertretend für das Judentum erachtet wurde. Vor diesem Hintergrund wird das Forschungsprojekt ein theologisch-politisches Narrativ zu Tage fördern, das tief in der Emanzipationsgeschichte der europäischen Juden und in das zeitgenössische Verständnis Europas selbst eingebettet ist. Mit seinem corpusbasierten Ansatz sucht Emancipatio Rabbinica drei Hauptziele zu erreichen: die Auseinandersetzungen um die Ausstattung der Juden mit bürgerlichen und politischen Rechten in der europäischen Neuzeit neu zu konzeptualisieren, mithilfe jüdischer wie christlicher Beurteilungen des rabbinischen Judentums; tiefere Einblicke in die Entwicklung des modernen Antisemitismus und dessen Beförderung durch das sich rasant entwickelte Phänomen der gedruckten Öffentlichkeit zu gewinnen; sowie das komplexe theologische Fundament, auf dem die interreligiösen Diskurse dieser Zeit stattgefunden haben, zu untersuchen, um Themen rund um die Erfahrungen religiöser und ethnischer Minderheiten und ihre Integration im neuzeitlichen Europa zu beleuchten.
DFG-Verfahren
Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
Internationaler Bezug
Israel, Italien, USA
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner
Professor Dr. Guido Bartolucci; Professor George Yaakov Kohler, Ph.D.; Dr. Svetlana Natkovich; Professorin Dr. Serena Di Nepi; Professor Dr. Elias Sacks