Detailseite
Projekt Druckansicht

Neoliberale Globalisierung oder „global disconnect“? Internationale Finanzinstitutionen, westliche Geberländer, Sambia und die Geschichte der Struk-turanpassungsprogramme (ca. 1976-1991)

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 518558902
 
Das Projekt untersucht die sogenannten Strukturanpassungsprogramme, die Weltbank und Internationaler Währungsfonds seit den späten 1970er Jahren schufen, um der zunehmenden Verschuldung in Afrika, Asien und Lateinamerika zu begegnen. Die internationalen Finanzinstitutionen stellten umfangreiche Kredite bereit, deren Auszahlung sie jedoch an wirtschaftspolitische Reformen wie die Öffnung nationaler Märkte für internationalen Handel und Kapital, die Privatisierung von Staatsunternehmen und den Subventionsabbau koppelten. Vor diesem Hintergrund sind die Programme zeitgenössisch und in den Sozialwissenschaften vielfach als „neokoloniale“ Diktate und als Instrumente der „neoliberalen Globalisierung“ gelesen worden. Hier setzt das geplante Projekt an, dass danach fragt, inwiefern es Sinn macht Strukturanpassungsprogramme als Instrumente der (De-)Globalisierung zu verstehen. Es geht von der Hypothese aus, dass die Strukturanpassungsprogramme zentrale „Umbrüche in die Gegenwart“ darstellen, wobei sie sowohl Globalisierungs- als auch Deglobalisierungsdynamiken auslösten, etwa wenn die Streichung von Sozialausgaben die Versprechen der globalen Konsumkultur zusehends unerreichbar machte. Auch waren sie weder ausschließlich „neokoloniale“ Diktate noch völlig freiwillige Reformprogramme. Am Beispiel des zentralafrikanischen Sambia verfolgt das Projekt eine dezidiert akteursgeschichtliche Perspektive, die darauf abzielt, die jeweiligen Handlungsspielräume zu analysieren und das gesamte Akteursspektrum auszuleuchten. Dieses umfasste neben Weltbank und Währungsfonds, sowohl die Regierungen zentraler Geberländer, hier speziell der USA und der BRD, als auch des Schuldnerlandes. Hinzu kommen Berater, Journalisten und soziale Bewegungen in Sambia wie im Globalen Norden. Um diese verschiedenen Perspektiven einzufangen, ist die Auswertung der Archivbestände der Finanzinstitutionen sowie zahlreicher Archive in den drei genannten Staaten vorgesehen. Ziel ist eine globalgeschichtlich orientierte Studie, die einen historisch tiefenscharfen Blick auf ein spezifisches Fallbeispiel in seinem historischen Kontext richtet, um so der Komplexität und Widersprüchlichkeit des Untersuchungsgegenstandes gerecht zu werden. Dabei kann das Projekt nach dem Ablauf der meisten archivalischen Sperrfristen, erstens, eine deutlich fundiertere Analyse der Verhandlungen, Umsetzungen und Wahrnehmungen der untersuchten Programme vornehmen, als dies den politik- oder wirtschaftswissenschaftlichen Arbeiten der 1980er und 1990er Jahre möglich war. Zweitens geht es über die existierenden geschichtswissenschaftlichen Studien hinaus, die meist nur eine Akteursgruppe in den Blick nehmen – Beamte aus den internationalen Finanzinstitutionen, westliche Regierungsvertreter oder intellektuelle Wegbereiter der Programme. Drittens leistet es damit einen Beitrag zur Erforschung von (De-)Globalisierungsprozessen, zur Genese der globalen Wirtschaftsordnung und damit zur „Vorgeschichte der Gegenwart“.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung