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Die Votivstili aus dem Reitia-Heiligtum von Este (Ausgrabungen 1880-1916 und 1987-1991), Reihe: STUDIEN ZU VOR- UND FRUHGESCHICHTLICHEN HEILIGTUMERN, BAND 10, IL SANTUARIO DI REITIA A ESTE, BAND 9

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 519406878
 
Die Votivstili bilden, einschließlich ihrer Miniaturformen, mit mehr als sechstausend Exemplaren die größte Gruppe im Votivbestand des Reitia-Heiligtums von Este. Bereits 1888 gab G. Ghirardini einen Überblick über eine kleine Auswahl großer Stili aus Bronze; diese Publikation bildete bis heute die Grundlage für die archäologische Fachdiskussion. Erst im Rahmen des "Reitia-Projektes" wurden die Stili vollständig bearbeitet und katalogisiert. Die Grundform eines Stilus weist einen palettenförmigen Kopf mit ein bis drei Durchlochungen und darin eingehängten Ringen mit Zierblechen auf und einen rechteckigen Schaft mit rundlich gearbeiteter Spitze. Die vier Seiten der Schäfte tragen Verzierungen mit geometrischen Mustern und Reihungen von Buchstaben des venetischen Alphabets, die vorwiegend ornamentalen Charakter haben. Es zeigt sich, dass in einigen Fällen, aus unbekannten Gründen, eine bestimmte Anzahl Zeichen bewusst erzeugt wurde, in anderen Fällen kam es nur auf eine ornamentale Füllung der Seiten an. Die vorhandenen Weiheinschriften sind als Sekundärerscheinung anzusehen, die mit dem Votivstilus nicht von vorneherein in einem Gestaltungszusammenhang standen. Große Votivstili aus Eisen waren bisher deutlich weniger als bronzene Exemplare vertreten. Dieses Bild hat sich grundlegend gewandelt, es ist heute von einer mindestens gleichgroßen Anzahl ausgehen, die in ihren Formen und Verzierungen den bronzenen Stili entsprechen. Die Miniaturstili haben die gleichen platten Köpfe mit Löchern und eingehängten Ringen wie die großen Stili und sind morphologisch den großen Stili vergleichbar.Da die großen Votivstili und ihre Miniaturformen weder in Gräbern noch in Siedlungen vorkommen, schwankte ihre Datierung bisher mit großer Unsicherheit zwischen dem 5.–1. Jh. v. Chr. Als einziger Anhaltspunkt für eine Datierung liegt jetzt allerdings die Stratigraphie des Reitia-Heiligtums vor, in der sowohl die großen Stili wie ihre Miniaturformen ausschließlich aus Befunden des 2. und 1. Jh. v. Chr. stammen.Die auf 24 Stili vorhandenen Weiheinschriften waren von ihrer Auffindung an ein wichtiger Teil der linguistischen Diskussion. Alle Namensnennungen in den Weiheinschriften nennen eine Frau als Spenderin. In diesen Frauen Mitglieder einer sozialen Elite der venetischen Gesellschaft zu sehen, ist nur unter großen Vorbehalten möglich, denn wir wissen nicht, wie sich die Ritualgemeinschaften im Reitia-Heiligtum zusammensetzten.Die große Vielfalt der Anwendung von Schrift im Reitia-Heiligtum wird nun noch durch hunderte Spitzen aus feinem Bronzeblech erweitert, die aus dem Votivbestand bisher unbekannt waren. Sie können nicht nur zum Ritzen von Wachstafeln dienen, mit ihnen konnte auch mit Tinte geschrieben werden.Die Votivstili und ihre Miniaturformen können keine profanen Schreibgriffel (stili scrittori) gewesen sein, als Jahresnägel (clavus annalis) scheiden sie mit ihrer Kopfform aus, gleiches gilt für eine mögliche Verwendung als Haarnadeln.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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