Beschreibung vakuumartiger Zustände in der lokalen Quantenphysik mit Methoden der Modulartheorie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über die zwischen April 2004 und Dezember 2006 in der dritten Förderperiode des Projekts "Beschreibung vakuumartiger Zustände in der lokalen Quantenphysik mit Methoden der Modulartheorie" erzielten Resultate. Ziel war die Klärung des Zusammenhangs zwischen den spektralen Eigenschaften der modularen Gruppen in der Quantenfeldtheorie, der kausalen Struktur der Observablenalgebren und den Teilcheneigerischaften der Theorie. Die gewonnenen Erkenntnisse sollten zur rigorosen Konstruktion von Theorien mit nichttrivialer Streumatrix benutzt werden. Das Projekt bestand aus den Teilprojekten (a) und (b). (a) Modulare Kausalität Dies konzeptionell und methodisch anspruchsvolle Teilprojekt wurde von der DFG leider nicht finanziell gefördert. Trotzdem konnten einige der aufgeworfenen Fragen geklärt werden. Die Erwartung, dass für gleichmäßig beschleunigte Beobachter aus Passivitätseigenschaften von Grundzuständen (im Sinne des zweiten Hauptsatzes) bereits die algebraische Unabhängigkeit (Schliedereigenschaft) von raumartig getrennten Observablen folgt, wurde in für den Anti-de Sitterraum und für ein Modell im Minkowskiraum bestätigt. Die Beweismethoden lassen sich auf beliebige maximal symmetrische Räume übertragen. Die Vermutung, dass sich aus der Passivität sogar die kausale Unabhängigkeit der Observablenalgebren herleiten lässt, hat sich jedoch nicht bestätigt; Die Frage, wie in den spektralen Eigenschaften der modularen Gruppen der Keilalgebren die Existenz von nichttrivialen lokalen Unteralgebren kodiert ist, wurde ebenfalls untersucht. Obwohl das Modell in einem spezifischen Sinne maximal nichtlokal ist, enthält es Operatoren, die in unendlich ausgedehnten zylinderförmigen Gebieten lokalisiert sind und bei räumlichen Abständen kommutieren. Diese Eigenschaft reicht aus, um eine Streutheorie für die zugrundeliegenden Teilchen zu etablieren. Zusätzliche zu den Programmpunkten im Teilprojekt (a) wurde mit Methoden der modularen Theorie auch die Frage der spontanen Symmetriebrechung in der Quantenfeldtheorie untersucht. Dabei zeigte es sich, dass fast alle klassischen Resultate im Rahmen der Minkowskiraumtheorie mit Hilfe der Modulartheorie auch ohne Annahmen über die spektralen Eigenschaften des Hamiltonoperators etabliert werden können. Diese Tatsache legt es nahe, modulare Methoden zur Untersuchung des Phänomens der spontanen Symmetriebrechung auf gekrümmten Räumen zu benutzen, wo im allgemeinen kein Hamiltonoperator existiert. (b) Modulare Teilchenaspekte Mit Hilfe der in (a) entwickelten algebraischen Methoden sollte untersucht werden, ob die von G. Lechner in seiner Diplomarbeit für Theorien massiver Teilchen mit faktorisierender Streumatrix konstruierten Netze von Keilalgebren nichttriviale lokale Unternetze enthalten. Diese Frage konnte für eine große Klasse von Modellen vollständig beantwortet werden; die Ergebnisse sind ein Durchbruch im sogenannten Forrnfaktorprogramm. Wie geplant, wurde zunächst nach geeigneten algebraischen Kriterien gesucht, die die Existenz kompakt lokalisierter Operatoren garantieren. Für die betrachteten zweidimensionalen Modelle konnte gezeigt werden, dass Nuklearitätseigenschaften der mit dem Vakuum und Keilalgebren affinierten modularen Operatoren (modulare Nuklearität) die Existenz lokaler Operatoren implizieren. Weiterhin wurde gezeigt, dass dies Kriterium in massiven freien Theorien erfüllt ist. Es wurde ferner eine Strategie zum Beweis der modularen Nuklearität in beliebigen Theorien des behandelten Typs entwickelt, die auf funktionentheoretischen Methoden beruht. Diese Methode wurde zunächst auf ein spezielles Modell mit nichttrivialer Streumatrix angewandt, das mit dem Isingmodell verwandt ist. Es konnte gezeigt werden, dass diesem Modell ein lokales Netz von Observablen zugrundeliegt; durch explizite Rechnung wurde gezeigt, dass dies lokale Netz irreduzibel ist. Die Arbeit enthält eine ausführlichere Darstellung dieser Resultate. Die vollständige Behandlung von Modellen eines massiven Teilchens mit nahezu beliebiger faktorisierenden Streumatrix wurde durchgeführt; der entscheidende Schritt war dabei der Beweis der modularen Nuklearität. In dieser Arbeit wurde ferner ganz allgemein gezeigt, dass die modulare Nuklearität stets die Irreduzibilität der lokalen Observablen der Theorie impliziert. Damit wurde der konstruktive Teil des vorliegenden Projekts in allen Punkten erfolgreich behandelt. Mit Hilfe der entwickelten algebraischen Methoden konnte somit zum ersten Mal für eine große Klasse von Streumatrizen eines massiven Teilchens die Existenz einer zugrundeliegenden asymptotisch vollständigen lokalen Theorie etabliert werden. Angesichts der raschen Fortschritte bei den konstruktiven Fragen wurden die geplanten strukturellen Untersuchungen in Teil (b) des Projekts zunächst zurückgestellt. Diese Fragen sind nach wie vor von Interesse und sollen in zukünftigen Arbeiten behandelt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- D. Buchholz und G. Lechner, Modular nuclearity and localization, Annales Henri Poincare 5 (2004)
- D. Buchholz und S. J. Summers, Stable quantum systems in anti-de Sitter space: Causality, independence and spectral properties, J. Math. Phys. 45 (2004)
- D. Buchholz und S. J. Summers, Geometric modular action and spontaneous symmetry breaking, Annales Henri Poincare 6 (2005) 607
- G. Lechner, On the existence of local observables in theories with a factorizing S-matrix, J. Phys. A 38 (2005)
- D. Buchholz und S. J. Summers, Scattering in relativistic quantum field theory: Fundamental concepts and tools. In Auftrag gegebener Artikel, pp. 456-465 in: Encyclopedia of Mathematical Physics J.-P. Franchise, G. Naber and S.T. Tsou Eds., Academic Press 2006
- G. Lechner, Towards the construction of quantum field theories from a factorizing S-matrix, pp. 175-198 in: "Rigorous Quantum Field Theory", Progress in Mathematics 251