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Artendiversität pelagischer Mikrocopepoden - Morphologische und genetische Kriterien zur Identifizierung der Familie Oncaeidae in Europäischen Mittelmeer

Antragstellerin Dr. Ruth Schnack
Fachliche Zuordnung Systematik und Morphologie der Tiere
Förderung Förderung von 2007 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 51954078
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Forschungsvorhabens war es, die morphologischen Charakteristika und Bestimmungskriterien der sehr artenreichen pelagischen Mikrocopepodenfamilie Oncaeidae im Mittelmeer zu klären und eine ausreichend eindeutige Grundlage für anschließende molekulargenetische Untersuchungen (barcoding) zur eindeutigen Identifizierung der Arten zu schaffen. Die Familie Oncaeidae zählt weltweit aufgrund ihrer hohen Abundanz und Artenvielfalt (>100 Arten) zu den wichtigsten Metazoen-Taxa in ozeanischen Zooplanktongemeinschaften. Sie beinhaltet viele Zwillingsarten, welche durch ihre morphologische Ähnlichkeit und geringe Größe schwer zu identifizieren sind. Dies gilt vor allem für die kleineren Arten unter 0.5 mm Länge, deren Ursprungsort (locus typicus) im Europäischen Mittelmeer liegt. Bei globalen Biodiversitätsanalysen sind gesicherte Kenntnisse aus dem locus typicus Voraussetzung für Vergleichsanalysen in anderen Meeresgebieten, daher war vor allem die Bearbeitung der originären Mittelmeer-Oncaeidae vordringliche Aufgabe. Das Projekt liefert einen Beitrag zur weltweiten Biodiversitäts-Initiative des „Census of Marine Zooplankton (CMarZ)“ und des „Marine Barcode of Life (MarBOL)“, in deren Rahmen morphologische und genetische Identifikationsmerkmale weltweit gesammelt und dokumentiert werden sollen. Die Untersuchungen basieren auf alkoholfixiertem Planktonmaterial, welches während METEOR-Reise im Oktober 2001 mit einem Mehrfachschließnetz von 0.1mm Maschenweite auf einem West-Ost-Transekt im Mittelmeer bis in 1000 m Tiefe aufgenommen worden war. Die genetischen Analysen wurden in Kooperation mit dem Molekulargenetiker Dr. R. Machida (Universität Tokyo), dem Asien Manager von CMarZ, durchgeführt. Aus dem Probenmaterial konnten 27 Oncaeidae-Arten und zwei Formvarianten separiert werden, darunter 3 Arten, deren Vorkommen im Mittelmeer vorher nicht bekannt war. Zusätzlich wurden ca 20 unidentifizierte Morphotypen entdeckt, die keinen bekannten Oncaeidae-Arten zugeordnet werden konnten und vermutlich neue Arten darstellen. Die Gesamtartenzahl der Mittelmeer-Oncaeidae vergrößert sich damit von bisher 46 auf ca.70 Arten. Der gegenwärtige taxonomische Kenntnisstand aller Mittelmeer-Oncaeidae wurde in einer Publikation zusammenfassend dargestellt und bewertet. Ergänzend wurde eine taxonomische Revision von zwei originären Mittelmeerarten abgeschlossen. Für 24 Arten/Formvarianten, darunter 13 originäre Mittelmeer-Arten, wurde eine Gen-Sequenzierung durchgeführt. Dabei erwies sich die Analyse des mitochondrialen 12S srRNA-Gens als wesentlich besser geeignet für Oncaeidae (bei 23 Arten erfolgreich) als die für barcoding-Analysen standardmäßig empfohlene Amplifizierung des COI-Gens (bei 13 Arten und 1 Formvariante erfolgreich). Die Gründe hierfür sind noch ungeklärt; eine Kontamination durch nukleare mitochondriale Pseudogene ließ sich jedoch ausschließen. Die genetische Separation der Arten zeigte für beide Gensequenzen eine sehr gute Übereinstimmung mit den Morphotypen; es traten keine morphologisch unerkannten Genotypen („cryptic species“) auf. Damit wird die Aussagekraft der angewendeten, sehr detaillierten morphologischen Kriterien für die Art-Identifizierung bestätigt. Auch die genetischen Artengruppierungen entsprachen weitgehend den “traditionellen“ (= morphologisch definierten) Gattungen bzw. Untergruppen. Aus den verbleibenden Unterschieden ließen sich neue Erkenntnisse zu taxonomischen Gruppierungen innerhalb der Gattungen (z.B. bei Triconia) gewinnen, die im Hinblick auf die erhebliche Zahl noch unidentifizierter Morphotypen in dieser Gattung (8 allein im Mittelmeer) für künftige taxonomische Arbeiten von besonderer Bedeutung sind. Auf der Basis des Softwareprogrammes „Lucid 3“ wurde mit dem Aufbau eines computergestützten Identifikationssystems für Oncaeidae begonnen. Hierzu musste zunächst ein umfangreicher Katalog der arteigenen morphologischen Merkmale der Oncaeidae neu erstellt werden, aus dem 107 Merkmale (features) mit insgesamt 292 Ausprägungen (states) ausgewählt wurden. Für die gegenwärtig zu unterscheidenden 79 Oncaeidae-Arten und Formvarianten des Mittelmeeres konnte die zeitaufwendige Dateneingabe für die wichtigsten Diagnose-Merkmale realisiert und eine erste Test-Version des Bestimmungssystems erstellt werden. Für eine allgemeine öffentliche Verwertbarkeit des Systems, auch für Nicht-Experten, sind weitere Arbeiten erforderlich (Erläuterung und graphische Darstellung der Merkmale, Ergänzung und Überprüfung der artspezifischen Daten und Einbeziehung auch molekularer Information). Diese sollen in einem Folgeprojekt realisiert werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Comparison of morphological and molecular traits for species identification and taxonomic grouping of oncaeid copepods. Hydrobiologia
    Böttger-Schnack, R. & R.J. Machida
  • (2008): Species identification of the microcopepod family Oncaeidae in the Mediterranean Sea, using morphological and molecular criteria. “The 10th International Conference on Copepoda”, 13-19 July 2008, Pattaya, Thailand
    Böttger-Schnack, R. & R. Machida
  • 2008. Microcopepod community structure in the Gulf of Aqaba and the northern Red Sea, with special reference to Oncaeidae. J. Plankton Res. 30: 529-550
    Böttger-Schnack, R., Schnack, D. & W. Hagen
  • 2008. Obituary Kunigunde Hulsemann. Mitt. hamb. zool. Mus. Inst. 104: 1-5
    Böttger-Schnack, R.
  • 2008. Population dynamics and life strategies of Rhincalanus nasutus (Copepoda) at the onset of the spring bloom in the Gulf of Aqaba (Red Sea). J. Plankton Res. 30: 655-672
    Schnack-Schiel, S.B., Niehoff, B., Hagen, W., Böttger-Schnack, R., Cornils, A., Dowidar, M.M., Pasternak, A., Stambler, N., Stübing, D. & C. Richter
  • 2008. Summer planktonic copepod communities of Australia´s North West Cape (Indian Ocean) during the 1997-99 El Niño/La Niña. J. Plankton Res. 30: 839-855
    McKinnon, A.D., Duggan, S., Carleton, J.H. & R. Böttger-Schnack
  • 2008. Taxonomy of Oncaeidae (Copepoda, Poecilostomatoida) from the Red Sea. - VIII. Morphology and phylogenetic position of Oncaea tregoubovi Shmeleva, 1968 and the closely related Oncaea prendeli Shmeleva, 1966 from the Mediterranean Sea. Mitt. hamb. zool. Mus. Inst. 104: 89-127
    Huys, R. & R. Böttger-Schnack
  • 2009. Taxonomic diversity and identification problems of oncaeid microcopepods in the Mediterranean Sea. Mar. Biodiv. 39: 131-145
    Böttger-Schnack, R. & D. Schnack
  • 2009. Taxonomy of Oncaeidae (Copepoda, Poecilostomatoida) from the Red Sea. – IX. Epicalymma bulbosa sp. nov., first record of the genus from the Red Sea. J. Plankton Res. 31:1027-1043
    Böttger-Schnack, R.
  • 2009. Trophic relationships of zooplankton in the eastern Mediterranean based on stable isotope measurements. J. Plankton Res. 31: 669-686
    Koppelmann, R., Böttger-Schnack, R., Möbius, J. & H. Weikert
  • 2010. Differential routing of ‘new’ nitrogen toward higher trophic levels within the marine food web of the Gulf of Aqaba, northern Red Sea. Mar. Biol. 157:157-169
    Aberle, N., Hansen, T., Böttger-Schnack, R., Burmeister, A., M., Post, A. & U. Sommer
 
 

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