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Nasalität, Länge und Diphthongierung im Quebec Französischen: Eine MRT-Studie
Antragstellerin
Josiane Riverin-Coutlée, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 520195671
Das Projekt umfasst eine groß angelegte physiologische Studie zu koartikulatorischen Wechselbeziehungen (sog. 'cue trading') zwischen Nasalität und Diphthongierung in der Quebecer Varietät des Französischen (QF). Beim cue trading wird die relative Gewichtung redundanter akustischer Merkmale zu einem phonologischen Kontrast umverteilt, was zu Lautwandel führen kann. Das Projekt untersucht die potentielle Verstärkung von Diphthongierung bedingt durch den Verlust von Vokalnasalierung. In den Nasalvokalen des QF ist die Diphthongierung bereits sehr häufig zu beobachten, wie auch die Schwächung der Nasalierung, die möglicherweise durch eine späte Velumsöffnung in den Nasalvokalen verursacht wird. Beide Phänomene kommen nicht in den europäischen Standardvarietäten des Französischen vor. Unklar ist jedoch, ob diese QF-typischen Phänomene kovariieren, und ob die Diphthongierung an Bedeutung gewinnt, um Minimalpaare wie 'chance/chasse' ('Glück/Jagd') zu unterscheiden. Ein Grund für den bislang unklaren Sachverhalt liegt in der Produktion von Nasalvokalen, da hierfür die Senkung des Gaumensegels erforderlich ist und es sich als schwierig gestaltet, aussagekräftige Daten über Velumsbewegungen auf der Basis akustischer Messungen zu erhalten. Bei vielen Messmethoden werden die Velumsbewegungen daher indirekt abgeleitet; zudem basieren die Daten oft auf Messungen von nur sehr wenigen Sprecher*innen. Das hier vorgestellte Projekt verwendet daher das bildgebende Verfahren der Echtzeit-Magnetresonanztomographie (MRT), um einen direkten Einblick in die Interaktion des Velums, der Zunge und der Lippen während des Sprechvorgangs zu erhalten. Die Messungen werden auf ca. 30 QF-Sprecher*innen basieren, was eine bisher nie erreichte Anzahl an QF-Proband*innen in einer phonetischen MRT-Studie darstellt. Die Anwendung neuester statistischer Analysen auf diese innovativen Daten ermöglichen Erkenntnisse 1) zur artikulatorischen Beziehung zwischen oralen und nasalen Vokalen im QF; 2) zum Ausmaß des Nasalschwunds in nasalierten Kurz- und Langvokalen; 3) zur Interaktion oraler und nasaler Sprechgesten in diphthongierten Nasalvokalen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf systematischen Variationsmustern, welche die Hypothese einer aktuell zu beobachtenden Wechselbeziehung stützen (oder widerlegen). Erwartet wird, dass Sprecher*innen, die den Wandel vorantreiben, eine stärkere Diphthongierung, Abnahme von Nasalität sowie einen synchronen Ansatz von Nasalität und Diphthongierung zeigen. Durch die Untersuchung einer cross-linguistisch seltenen koartikulatorischen Wechselbeziehung bietet das Projekt neue Impulse für die Modellierung von Lautwandel und stellt dringend benötigte empirische Daten des QF bereit. Das Projekt kombiniert die Expertise der Antragstellerin in der Phonetik und Phonologie des QF, Sprachvariation und Lautwandel mit der des zugehörigen Instituts, das über langjährige Erfahrung auf den Gebieten der Sprechphysiologie und Analyse von Echtzeit-MRT-Daten verfüg.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen