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Ton-Spuren verlorener Filme. Gedruckte Filmmusiken bis 1918

Fachliche Zuordnung Musikwissenschaften
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 520218258
 
Angesichts der mit Blick auf die Praxis der Musikbegleitung im frühen Kino relativ kleinen, absolut jedoch mit weit über 100 beachtlichen Zahl erhaltener eigens komponierter (oder zumindest arrangierter und gedruckter) Musiken zu einzelnen Filmen bis 1918 verwundert es, dass die Mehrzahl dieser Kompositionen und Kompilationen bisher nicht in übergreifende analytische Untersuchungen einbezogen wurde. Die bisherige Forschung war für den Zeitraum bis 1918 mit "L’Assassinat du Duc de Guise" mit der Musik von Camille Saint-Saëns, "Der Student von Prag" (1913) mit der Musik von Josef Weiss, "The Birth of a Nation" (1915) mit der (teils kompilierten) Musik von Joseph Carl Breil und "Rapsodia satanica" (1917) mit der Musik von Pietro Mascagni immer wieder auf eine minimale Auswahl fokussiert, die nicht repräsentativ ist. Ein zentraler Grund dafür ist, dass die Mehrzahl der Filme, zu denen eigens Musiken komponiert oder kompiliert wurden, nicht oder nur fragmentarisch erhalten ist. Die Analyse eines Korpus von Filmmusiken, von denen ca. 70 % (dies entspricht der Verlustquote, die für,Stummfilmeʻ insgesamt angenommen wird) ohne die dazugehörigen Filme und nur ca. 25 % mit den kompletten Filmen erhalten sind, ist risikobehaftet. Sie emanzipiert sich von dem Paradigma, wonach Filmmusik primär als angewandte und funktionale Musik zu betrachten und entsprechend zu analysieren sei, weil sich ohne den Film über die konkrete Relation von Musik und Film nur bedingt Aussagen machen lassen. Zugleich trägt sie der Tatsache Rechnung, dass es sich auch dort, wo Film und Musik erhalten sind, um „audio-visuelle Palimpseste“ handelt. Das Projekt zielt darauf, die Formation und Genese der Kompositionen (im weitesten Sinne) von Filmmusik bis zum Ende des ersten Weltkriegs erstmals unter Auswertung sämtlicher gedruckter, überwiegend komponierter, teilweise auch kompilierter Musiken zu untersuchen und so einen grundlegenden Beitrag zur musikalischen Ästhetik und den musikalischen Dispositiven des vorklassischen Stummfilms zu leisten. Der Zeitrahmen von der ersten sogenannten Krise des Films 1908 bis 1918 bietet die Möglichkeit, mit Deutschland, England, Frankreich, Italien und den USA (sofern möglich auch Russland) die Produktion und Rezeption von Filmmusik unter unterschiedlichen ästhetischen, ökonomischen und rechtlichen Voraussetzungen vergleichend zu untersuchen. Die Arbeitshypothese ist, dass in den frühen Kompositionen heterogene Ansätze, die in unterschiedlichen musik-theatralischen Gattungstraditionen des 19. Jahrhunderts (Melodrama, Oper, Pantonime, Schauspielmsik, Symphonische Dichtung und verschiedene Spielarten von BilderMusik) wurzeln, erprobt werden und erst auf dieser Grundlage die Formation von Filmmusik erfolgte.
DFG-Verfahren Reinhart Koselleck-Projekte
 
 

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