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Die soziale Konstruktion von Kindheit in Metal Musik
Antragstellerin
Ruth Barratt-Peacock, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Musikwissenschaften
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 520820387
Nichts sagt uns mehr über die Ideale und Ängste eine Gesellschaft als wie über Kinder geredet wird. Kindheitsvorstellungen sitzen am Nexus des privaten, öffentlichen, persönlichen und politischen Lebens. Slogans wie die Anti-Masken-Werbung „Wenn selbst ein Kind nicht mehr lacht wie ein Kind, dann sind wir Jenseits von Eden” stellen eine Instrumentalisierung idealisierender Vorstellungen von Kindheit als Inbegriff von Unschuld dar, die schon eine lange Ideengeschichte hat. Als Kontrastbild dient die „Fridays for Future“-Bewegung, die eine aktive Einbindung von Kindern in die Politik fordert. Dies sind nur zwei Beispiele für eine Vielzahl an historischen Kindheitskonstrukten, die weitverbreiterter Bestandteil des Kindheitsdiskurs im 20. und 21. Jh. sind. Die COVID-19-Pandemie und der zunehmende Verlust reproduktiver Gesundheitsrechte im Namen des pre-geborenen Kindes in manchen Teilen der Welt verleihen einer Untersuchung aller diskursive Zusammenhänge von Kindheit neue Dringlichkeit. Metal-Musik ist ein geeigneter Untersuchungsgegenstand zur Auseinandersetzung mit sozialen Grundmythen von Kindheit. Eine einfache Google-Suchanfrage für „metal music + childhood“ zeigt Resultate mit Fragen wie: Soll ich meinem Kind erlauben, Metal zu hören? Und metal-archives.com zeigt über 3,244 Treffer alleine für Lieder mit „children“ im Titel. Das Projekt leistet einen erheblichen Beitrag zur Musikforschung, indem es erstmalig das Thema Kindheit und Kind als soziale Konstrukte im Zusammenhang mit populärer Musik untersucht. Metal-Musik beschäftigt sich eingehend mit Kindheit und seiner Bedeutung. Sie verleiht Kindheitserfahrungen, wie Missbrauch und Depression, die zu häufig nicht thematisiert werden, Ausdruck. Zudem beschäftigt sich Metal-Musik aktiv aktuellem Diskurs, nicht zuletzt im Spannungsfeld von Religion und Wissenschaft. Als Beispiel dienen Lieder wie ,Mutter‘ (Rammstein, 2001) oder ‚Silent Scream‘ (Slayer, 1988), die künstliche Befruchtung und Abtreibung thematisieren. Andere Musiker widmen ganze Alben der Erzählung über gestörte Familienverhältnisse aus der Perspektive des Kindes (z. B. After Forever Invisible Circles) und sexueller Missbrauch wird von Ultra Vomit mit ,Pedo Fuck‘ auf verschiedene Weise thematisiert, z. B. als ironisch-gesellschaftskritische Karikatur oder Tabubruch. Metal-Musik thematisiert sowohl Kindheit in ihren Liedtexten als auch herrschende kulturelle Diskurse über Kindheit an sich. Als beispielsweise Metallica in dem Lied ‚Enter Sandman‘ die Stimme eines Kindes, das ein traditionelles christliches Kindergebet spricht, nutzen, sprachen sie das sogenannte „Walled-Garden“-Kindheitsmodell (cf. Holt 1974; Goldson 2004) an. Metal-Musik ist ein multi-medialer Gegenstand, der Text, Klang, Musik, Darstellende Kunst und intertextuelle Bezüge beinhaltet. Durch interdisziplinäre methodik untersucht dieses Projekt das Gesamtbild und bietet damit ein vielfältiges Bild von Metal-Musik und Kindheit.
DFG-Verfahren
WBP Stipendium
Internationaler Bezug
Großbritannien
Gastgeber
Dr. Jan-Peter Herbst