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Der Einfluss von gelerntem Gesang auf die genetische Differenzierung in Mönchsmeisen

Antragsteller Dr. Ulrich Knief
Fachliche Zuordnung Evolution, Anthropologie
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 521246704
 
Informationen werden von Menschen und ihren Vorfahren seit mehr als drei Millionen Jahren sowohl in Form von Genen als auch kulturell an die nachfolgenden Generationen weitergegeben. Vorstufen zur menschlichen Kultur lassen sich in vielen taxonomischen Gruppen finden, wenn man kulturelle Merkmale so definiert, dass sie durch Prägung, Konditionierung, Beobachten, Nachahmen oder direkten Unterricht gelernt werden. Kulturelle Merkmale können Einfluss auf die genetische Evolution nehmen und möglichweise führen sie sogar zur Aufspaltung in unterschiedliche Arten. Diese kulturelle Artbildung lässt sich sehr gut am Gesang von Singvögeln untersucht, weil er in vielen Arten ein tradiertes Merkmal ist, das zur Arterkennung eingesetzt wird. So kann der Gesang als präzygotischer Isolationsmechanismus zwischen Populationen wirken und zur Artbildung beitragen. Doch bisher ist die Bedeutung tradierter Merkmale im Artbildungsprozess nicht geklärt und wird fortwährend diskutiert. Denn was passiert, wenn Populationen mit unterschiedlichen Gesängen aufeinandertreffen? Lernen die Jungtiere den artfremden Gesang, so kann es zum Vermischen von Gesang und genetischer Abstammung kommen und die Populationen verschmelzen. In meinem Forschungsvorhaben werde ich den Einfluss von erlerntem Gesang auf die genetische Differenzierung in zwei Unterarten der Mönchsmeise (Alpenmeise und Weidenmeise) untersuchen. Alpen- und Weidenmeise sind ein hervorragendes Modellsystem, weil sie (1) unterschiedliche Gesänge haben, die über weite Teile ihres Verbreitungsgebiets konstant sind. (2) Hat ihr Gesang eine einfache Struktur und lässt sich daher leicht analysieren. (3) Treffen sie an den Grenzen ihrer Verbreitungsgebiete parapatrisch aufeinander und bilden Hybridzonen, in denen sich die Gesänge mischen. (4) Unterscheiden sie sich ausschließlich in ihrem Gesang, so dass nur er als präzygotischer Isolationsmechanismus wirken kann. Aus der geografischen Verbreitung der Gesänge lässt sich schließen, dass sexuelle oder natürliche Selektion die Hybridzonen stabilisiert und aufrechterhält. Ich werde die Hypothese testen, ob die populationsgenetische Struktur mit der Verbreitung der Gesänge deckungsgleich ist, was Verhaltensexperimente und genetische Untersuchungen an Vögeln im Freiland erfordert. Ich werde mich auf die folgenden Fragen konzentrieren: Wie lange sind Alpen- und Weidenmeise bereits genetisch getrennt und gibt es genomische Regionen, die sich dem Genfluss besonders widersetzen? Sind die Gesänge an diese genomischen Barrieren gekoppelt? Inwieweit ist der Genfluss in den Hybridzonen eingeschränkt? Verpaaren sich Alpen- und Weidenmeisen in den Hybridzonen assortativ? In seiner Gesamtheit wird mein Forschungsvorhaben die Bedeutung kultureller Merkmale im Artbildungsprozess evaluieren und wichtige Erkenntnisse zur Debatte über Verstärkung, sympatrische Artbildung und den Einfluss prä- und postzygotischer Isolationsmechanismen beisteuern.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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