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Selbstorganisation und Phasenübergänge in anisotroper Turbulenz: von planetaren zu bakteriellen Skalen

Antragsteller Dr. Adrian van Kan
Fachliche Zuordnung Statistische Physik, Nichtlineare Dynamik, Komplexe Systeme, Weiche und fluide Materie, Biologische Physik
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 522026592
 
Großskalige Strömungsmuster, wie Wirbel und Strahlströme (auch Jets genannt), werden häufig in geophysikalischen und astrophysikalischen Strömungen beobachtet. Hurrikans und der Jet Stream sind bekannte Beispiele aus der Erdatmosphäre, aber ähnliche Phänomene finden sich auch auf den Gasplaneten und in Sternen, wie der Sonne. Derartige Strömungen sind fast immer hochgradig turbulent und weisen eine extreme Bandbreite an aktiven räumlichen und zeitlichen Skalen auf. Zudem sind die Strömungen stark anisotrop: sie sind dem Einfluss planetarer Rotation, Dichteschichtung, und Magnetfeldern ausgesetzt, oder fließen in dünnen Schichten (z.B. der Erdatmosphäre). Auf sehr viel kleineren Längenskalen erzeugen biologische Systeme, z.B. Suspensionen von Bakterien, Spermazellen oder anderen Mikroschwimmern, ähnliche Strömungsmuster, bestehend aus Wirbeln, Jets und stark geordneten Zuständen wie Wirbel-Kristallen. Die aufgezählten Systeme auf mikroskopischen Längenskalen fallen in die Kategorie von aktiver Materie, da jeder Mikroschwimmer Energie verbraucht, um die Strömung anzutreiben, womit das System weit vom statistischen Gleichgewicht entfernt ist. Speziell spricht man von "aktiver Turbulenz", wobei es wichtig ist, zu betonen, dass diese mikroskopischen Systeme zwar komplexe Dynamik erzeugen können, aber dennoch nicht im klassischen Sinne turbulent sind, da sie nur moderate Reynoldszahlen aufweisen. Die ähnliche Phänomenologie über verschiedene Längenskalen hinweg wird formell dadurch reflektiert, dass die der Kontinuumsbeschreibung beider Systeme unter gewissen Annahmen zu ähnlichen Gleichungen führt. Geo- und astrophysikalische Turbulenz geht typischerweise aus Instabilitäten hervor, deren Entwicklung explizit vom Strömungszustand abhängt. In aktiven Fluiden finden sich aktive Spannungen, zusätzlich zur Viskosität, welche ebenfalls explizit vom Strömungsfeld abhängen. In diesem Projekt untersuchen wir die Selbstorganisation von komplexen Strömungen, sowohl auf planetaren, als auch mikroskopischen Skalen. Zunächst untersuchen wir ein idealisiertes Modell von durch Instabilitäten angetrieber, stark anisotroper Turbulenz. Dabei betrachten wir 2D Strömungen und dünne Fluidschichten, welche durch ein geschwindigkeitsabhängiges Kraftfeld angetrieben werden. Ziel ist es, existierende Studien in zwei Dimensionen auszuweiten, und ihre Robustheit auf dreidimensionale Störungen hin zu untersuchen. Das zweite Hauptthema des Projektes ist die Reynoldszahl-Abhängigkeit dieses Systems. Wir variieren Re systematisch, um so den Übergang zwischen mikroskopischen, aktiven Strömungszuständen zu klassisch turbulenten Strömungen zu untersuchen. Schließlich studieren wir auch die geo- und astrophysikalische Anwendung dieser Ideen auf schnell rotierende Konvektion, insbesondere unter dem Einfluss von Luftfeuchtigkeit. Dieses Projekt wird neue, fundamentale Erkenntnisse über Selbstorganisation von Strömungen generieren, welche auf verschiedensten Längenskalen auftreten.
DFG-Verfahren WBP Stipendium
Internationaler Bezug USA
 
 

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