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Prädiktive Kodierung in subkortikalen sensorischen Bahnen und Lese-Rechtschreib-Schwäche

Fachliche Zuordnung Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 522859374
 
Die Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) ist eine Lernstörung mit einer hohen Prävalenz (5-15 %). Sie ist gekennzeichnet durch Lese- und/oder Schreibschwierigkeiten, die bis ins Erwachsenenalter anhalten und den schulischen und beruflichen Erfolg beeinträchtigen können. Die neurologischen Prozesse, die zu LRS führen, werden kontrovers diskutiert. Die meisten neurowissenschaftlichen Untersuchungen zur LRS fokussieren sich auf die Großhirnrinde. Es gibt solide Befunde dafür, dass es Veränderungen der Großhirnrinde bei der LRS gibt. Allerdings geht LRS auch mit Veränderungen in den sensorischen Bahnen einher, insbesondere im linken auditorischen und im visuellen Thalamus (medial geniculate body, MGB; lateral geniculate nucleus, LGN) und ihren Verbindungen zur Großhirnrinde. Die links-hemisphärischen thalamo-kortikalen Veränderungen korrelieren mit einem wichtigen LRS-Diagnosewert: der Fähigkeit, Buchstaben und Zahlen schnell zu benennen (RANln). Eine mögliche mechanistische Erklärung der thalamo-kortikalen Veränderungen bei LRS ist ein Defizit bei der prädiktiven Kodierung. Die prädiktive Kodierung ist eine vielversprechende neurowissenschaftliche Theorie der Wahrnehmungsverarbeitung. Sie geht davon aus, dass das Gehirn ein internes Modell der sensorischen Welt hat, das es mit dem sensorischen Input vergleicht. Obwohl die Theorie für die Großhirnrinde entwickelt wurde, haben jüngste Befunde bei typisch lesenden Personen gezeigt, dass auch der MGB prädiktive Kodierung nutzt. Ob der prädiktive Kodierungsmechanismus im linken MGB bei LRS verändert ist, ist bisher unklar. Darüber hinaus ist unbekannt, ob ein ähnlicher prädiktiver Kodierungsmechanismus wie im MGB auch in der visuellen Modalität, im LGN, verwendet wird. Unser übergeordnetes Ziel ist es, zu testen, ob es bei LRS zu Veränderungen der prädiktiven Kodierungsmechanismen im MGB und LGN kommt. In einem ersten Schritt planen wir zwei Experimente mit hochauflösender funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) mit Gruppen von erwachsenen Personen mit LRS und Kontrollpersonen. Im ersten Experiment wollen wir die Hypothesen testen, dass LRS mit einem verminderten Grad an prädiktiver Kodierung speziell im linken MGB verbunden ist und dass diese potenziellen Veränderungen im linken MGB bei LRS mit der RANln-Leistung zusammenhängen. Im zweiten Experiment testen wir - bei typisch lesenden Erwachsenen - die Hypothese, dass im LGN prädiktive Kodierungsmechanismen genutzt werden. Bei Erfolg kann das Experiment für zukünftige Untersuchungen der Mechanismen einer möglichen LGN-Dysfunktion bei LRS genutzt werden. Wir erwarten, dass die Ergebnisse eine mechanistische Erklärung für Thalamus-Veränderungen bei LRS liefern und damit dazu beitragen werden, die widersprüchlichen Vorhersagen von aktuellen LRS-Theorien aufzulösen. Darüber hinaus wird das zweite Experiment einen fundamentalen Erkenntnisgewinn über die Mechanismen der visuellen Verarbeitung im visuellen Thalamus bei typisch lesenden Erwachsenen liefern.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Großbritannien
Kooperationspartner Dr. Alejandro Tabas
 
 

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