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Experimentelle und numerische Untersuchungen zur Oberflächenumwandlung von Feinblechen

Antragsteller Professor Dr.-Ing. Eckart Doege (†)
Fachliche Zuordnung Ur- und Umformtechnik, Additive Fertigungsverfahren
Förderung Förderung von 2000 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5230016
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Wandlung der Blechoberfläche beim Tiefziehen hat einen großen Einfluss auf die Reibung zwischen Werkstück und Werkzeug. Für eine realitätsnahe Abbildung von Tiefziehprozessen ist daher die Berücksichtigung der sich ständig ändernden Oberflächenzustände notwendig. Im ersten Antragszeitraum wurde ein Konzept zur Beschreibung der Oberflächenstruktur entwickelt. Hierzu wurde eine fiktive Schicht zwischen dem Werkzeug und einem ideal glatten Werkstück eingeführt. Die Rauhigkeit des Werkstücks wird durch die so genannte Porosität dieser Zwischenschicht abgebildet. Das Verhalten der Zwischenschicht wird mittels eines kompressiblen Stoffgesetzes modelliert, mit dessen Hilfe die mikroskopischen mit den makroskopischen Eigenschaften des Werkstoffes während des Einglättungsprozesses verknüpft werden können. Die Oberflächenporosität wird hierbei mit dem klassischen Mittenrauwert korreliert. Das ursprüngliche Ziel dieses Forschungsvorhabens bestand darin, mit Hilfe der fiktiven Porosität die Reibbedingungen während des Umformprozesses besser zu beschreiben. Dieses Ziel hat sich jedoch als recht ehrgeizig erwiesen. Durch die Porosität ist zwar die geometrische Wandlung der Oberfläche beschreibbar, die Abbildung der "Wandlung des Reibverhaltens" ist aber nicht ohne weiteres möglich. Der Betrag der Oberflächenrauhigkeit bzw. der korrelierten Porosität gibt keine Aussage über die Größe des Reibwertes. Je nach den herrschenden Kontaktbedingungen zwischen Werkstück und Werkzeug können sich für gleiche Porositätswerte unterschiedliche Reibwerte ergeben. Für die Beschreibung des Reibverhaltens für unterschiedliche Kontaktbedingungen waren zusätzliche experimentelle Untersuchungen notwendig. Der Gedanke der virtuellen Zwischenschicht wurde weiterverfolgt, wenngleich unter einer neuen Definition. Die virtuelle Zwischenschicht ist fortan nicht durch die mikroskopische Porosität gekennzeichnet, sondern durch ein Wertepaar bestehend aus dem maximal aufgetretenen makroskopischen Einglättungsdruck und dem aktuell herrschenden Kontaktdruck. Daraus ergibt sich eine dreidimensionale Reibwertfläche, wobei als maßgebliche Neuheit die Bestimmung des Reibwertes unter Berücksichtigung der Irreversibilität der Oberflächewandlung erfolgt. Der Wert des Einglättungsdruckes entspricht immer dem maximal aufgetretenen Kontaktdruck. Sinkt der aktuelle Kontaktdruck für ein Flächenelement infolge unterschiedlicher prozessspezifischer Bedingungen, so bleibt der Einglättungsdruck konstant. Die virtuelle Zwischenschicht verfügt damit über eine Art Gedächtnis für die während der Umformhis- torie örtlich aufgetretenen Kontaktnormalspannungen und dem daraus resultierenden Oberflächenzustand. Bei den bisher angewandten druckabhängigen Reibgesetzen wird dieser Umstand vernachlässigt. Die Implementierung eines solchen Reibgesetzes in eine FEM-Simulation erfordert die experimentelle Ermittlung der Reibwerte als Funktion entsprechender Zustandsgrößen. Dazu wurden Streifenziehversuche mit unterschiedlich eingeglätteten Proben für verschiedene Flächenpressungen durchgeführt. Nach erfolgten praktischen Untersuchungen wurde ein neuartiges quasi "isoplanes" Reibwertdiagramm erstellt und implementiert. Das entwickelte quasi "Isoplane-Reibwertdiagramm" bietet eine verbesserte Möglichkeit, die Reibverhältnisse beim Tiefziehen realitätsnah abzubilden. Die Reibung spielt bei vielen anderen Vorgängen, wie z.B. Verschleiß ebenfalls eine wichtige Rolle. Daher eignet sich dieses Diagramm auch für die genauere Berechnung des Werkzeugverschleißes beim Tiefziehen. Denn die bisherige Verschleißberechnung geht von konstanten Reibwerten aus und berücksichtigt nicht die Änderung der Blechoberfläche bzw. die hier untersuchten Einglättungseffekte. Selbst kleine Verbesserungen der Beschreibung des lokalen Reibverhaltens bedeuten eine erhebliche Genauigkeitssteigerung der Verschleißberechnung, da sich diese auf mehrere hunderttausend Zyklen erstreckt. Dies ist insbesondere für die Texturierungsbleche von großer Bedeutung, da hier die Wandlung der Oberfläche deutlich intensiver ist als bei dem in diesem Projekt untersuchten glatten Blech ohne Texturierungen und ohne eingeprägte Schmiertaschen. Des Weiteren ist die Erprobung dieses Konzeptes für die Warmmassivumformung denkbar.

 
 

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