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Das sozial-räumliche Gedächtnis der europäischen Grenzen: Dispositive des Erinnerns und Vergessens.

Antragstellerin Dr. Vivien Sommer
Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Soziologische Theorie
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 523151888
 
Seit dem Schengen-Abkommen haben vorübergehende Grenzschließungen und die Rückkehr zu klassischen Grenzkontrollen auf sehr materielle Weise gezeigt, dass geschlossene nationale Grenzen alles andere als vergessen sind. Dies wirft die Frage auf, wie Grenzen in der Gesellschaft erinnert werden und welchen Einfluss die Erinnerung an Grenzen auf den gegenwärtigen Status eines vermeintlich grenzenlosen Europas hat. Es gibt bisher noch keine theoretischen Konzepte, die die Bedeutung des sozialen Gedächtnisses von Grenzen für die Gegenwart im Alltag von Bewohner*innen beschreiben. Die Nachwuchsgruppe wird diese Forschungslücke mit einer innovativen Studie zum sozialen Gedächtnis in Partnerstädten und Partnerdörfern schließen. Die leitenden Forschungsfragen lauten: Welche Rolle spielt das Erinnern und Vergessen im Alltag der Bewohner in europäischen Grenzregionen? Und wie und in welchem Ausmaß konstituiert das sozialräumliche Gedächtnis die Bedeutung von Grenzen? Das Projekt untersucht drei Dimensionen des Gedächtnisses von Grenzen als Erinnerungsrahmen, Erinnerungspraktiken und Erinnerungsmaterialität von Partnerstädten und Partnerdörfern an vier verschiedenen Grenzen: Die polnisch-deutsche Grenze, die schweizerisch-deutsche Grenze, die dänisch-deutsche Grenze und als Kontrast die irisch-nordirische Grenze. Durch den Vergleich dieser Grenzen die Verschränkung der drei Dimensionen der Erinnerung als Dispositive im Sinne eines mächtigen Netzwerks rekonstruiert, das diskursive und materielle Elemente umfasst. Um diese Dispositive zu rekonstruieren, wird die Nachwuchsgruppe einen multiperspektivischen methodischen Ansatz verfolgen: In einem ersten Schritt wird das Forschungsteam Experteninterviews mit Erinnerungsaktivisten und Dokumentationen von erinnerungspolitischen Projekten erheben, um Erinnerungsrahmen zu untersuchen. In einem zweiten Schritt werden wir narrative Interviews mit Bewohnern führen und mentale Karten ihres Alltags mit der Grenze über die Zeit erstellen, um Erinnerungspraktiken zu untersuchen. In jedem Schritt werden die Daten mit einer multimodalen Kodierungsmethode analysiert. Um die Materialität des Gedächtnisses zu untersuchen, werden wir in einem dritten Schritt Spaziergänge mit den Bewohnern organisieren und diese mit biografischen Fotoerhebungen kombinieren. Für einen umfassenden Vergleich wird das Forschungsteam in einem vierten Schritt kartographische Karten in lokalen Archiven erstellen und interaktive digitale Karten produzieren. Auf der Grundlage einer Synopse der Ergebnisse wird ein theoretisches Konzept des sozialräumlichen Gedächtnisses von Grenzen entwickelt. Dieses neuartige Konzept bietet eine neue Möglichkeit, die Komplexität des Erinnerns und Vergessens im gegenwärtigen Alltag an den Grenzen Europas zu verstehen.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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