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Gesprochene Sprache ernst nehmen

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 523828585
 
Die meisten theoretischen und typologischen Arbeiten in der Linguistik gehen von der (in der Regel impliziten) Annahme aus, dass die Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache für viele analytische Projekte wie z. B. die Modellierung von Wortstellungsalternationen oder die Typologie ditransitiver Konstruktionen ignoriert werden können. Eine wichtige Folge dieser Annahme ist die Tatsache, dass typologische oder theoretische Arbeiten, die Daten aus Sprachen ohne Schrifttradition – also der großen Mehrheit der Sprachen der Welt - verwenden, oft ausschließlich auf Transkripten basieren. Der vorliegende Vorschlag wirft die Frage auf, ob diese Praxis und die ihr zugrunde liegenden Annahmen plausibel sind. Um diese Frage zu beantworten, müssen zwei miteinander verknüpfte Themen weiter untersucht werden. 1. Was genau geschieht bei der Transkription, d. h. welche Entscheidungen müssen Sprecher*innen und Forschende treffen, wenn sie gesprochene Sprache transkribieren? Inwieweit liefern diese Entscheidungen Hinweise auf grammatische Strukturen? 2. Wann ist die Tatsache, dass es sich bei Daten aus Sprachen ohne Schrifttradition im Wesentlichen um Daten aus gesprochener Sprache handelt, für die grammatikalische Analyse von Bedeutung? Kann eine prinzipielle Abgrenzung zwischen den Phänomenen vorgenommen werden, für die typische Merkmale der gesprochenen Sprache für die grammatikalische Analyse relevant sind, und denen, für die Merkmale der gesprochenen Sprache unschädlich ignoriert werden können? Das Projekt beschäftigt sich mit morphosyntaktischen Analysen, bei denen die Berücksichtigung der spezifischen Merkmale gesprochener (im Gegensatz zu geschriebener) Sprache im Allgemeinen nicht Teil der Standardanalyseverfahren ist. Dazu gehören morphosyntaktische Themen wie z.B. Konstituentenstruktur, Wortklassen und grammatische Relationen, d. h. Themen, die sich in erster Linie auf die morphosyntaktische Form und nicht auf die Funktion beziehen. Im Gegensatz dazu ist es klar und weithin anerkannt, dass es bei Phänomen wie Deiktika einen großen Unterschied macht, ob man Merkmale der gesprochenen Sprache wie Prosodie, Gestik oder Blickrichtung in die Analyse einbezieht oder nicht. Die vorliegende Untersuchung setzt nicht voraus, dass die Unterschiede zwischen geschriebener und gesprochener Sprache - und die damit einhergehenden Unterschiede bei der Generierung von Primärdaten - für alle Arten von typologischen und theoretischen Untersuchungen relevant sind. Vielmehr ist es das Ziel des Projekts, herauszufinden, wann und wo genau dieser Unterschied eine Rolle spielt.
DFG-Verfahren Reinhart Koselleck-Projekte
 
 

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