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Bußbücher und karolingische Reformen

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 524023268
 
Mit den karolingischen Reformen erlebt einer der zentralen Forschungsschwerpunkte der geschichtswissenschaftlichen Mediävistik eine erneute Konjunktur. Insbesondere die Fragen nach der Verbreitung und Umsetzung der Bestrebungen zu einer weitreichenden geistig-kulturellen Correctio, in der nur schwer fassbaren Frühphase der Reformen, finden ein gesteigertes Interesse. Das Projekt möchte sich daher den praktischen Konsequenzen der karolingischen Reformkritik für eine in diesem Kontext bislang vernachlässigten Quellengattung widmen – die frühmittelalterlichen Bußbücher. Ausgangspunkt der Untersuchung sollen mit dem Paenitentiale Halitgars von Cambrai († 831) und den beiden Paenitentialia des Fuldaer Abtes und Mainzer Erzbischofs Hrabanus Maurus († 856) drei der bedeutendsten Vertreter der sogenannten Reformbußbücher darstellen. Ergänzt werden soll das Ensemble durch Bußbücher der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts und damit der Frühphase der Reformen, die vor dem Reformhintergrund noch keine spezielle Untersuchung erfahren haben, jedoch bereits erste Einflussnahmen durch die Kritik der karolingischen Reformer erkennen lassen – die Paenitentialia Sangallense tripartitum und Capitula iudiciorum sowie die komplexe Tradition der Paenitentialia Ps.-Bedae-Egberti. Gründen soll das Projektvorhaben auf erstmals zu erarbeitenden Editionen der Reformbußbücher Halitgars und Hrabans, die unter Einbezug der ältesten Überlieferungen eine möglichst ursprüngliche Textfassung bieten sollen. Unter Berücksichtigung der Entstehungskontexte, der inhaltlichen Analysen sowie der editorischen und überlieferungskritischen Arbeitskomplexe ist dabei eine Neubewertung von Intention, Praxisbezug und Bedeutung der frühen karolingischen Bußbücher angezielt. Hierbei sollen die explizit auf die Bußbuchkritik bestimmter Reformkreise bezogenen Kompilationen Halitgars und Hrabans aus ihrer Isolation als Reformbußbücher gelöst und in einen größeren Zusammenhang der Entwicklung des Bußbuch-Genres vom späten 8. bis zum späten 9. Jahrhundert gestellt werden. Nicht mehr, wie im bisherigen Forschungsdiskurs vorherrschend, als Maßstab für die Reformkonformität der früh-mittelalterlichen Bußbücher per se, sondern als einer der verschiedenen Modi, in welchen die Kompilatoren und Redaktoren auf die neuen Herausforderungen der karolingischen Reform-kritik regierten, sollen die Bußbücher gewertet werden. Darin eingeschlossen ist neben einer kritischen Sicherung der z.T. kontroversen, widersprüchlichen und unabgeschlossenen Forschungsdiskussion zu Entstehung und literarischen Abhängigkeiten der Paenitentialia auch eine Untersuchung hinsichtlich ihrer Überlieferung, Redaktion und Rezeption, um diese in ihrer Relevanz für den weiteren Reformverlauf einordnen zu können. Dabei sollen die Werke nicht ausschließlich als ein Ergebnis der Reformen, sondern darüber hinaus vielmehr als ein Vehikel der Reformer für eine flächendeckende Verbreitung der Correctio-Bestrebungen dargestellt werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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