Untersuchungen zur Rolle der Neuropeptide GHRH, CRH und Somatostatin in der normalen und gestörten Schlafregulation
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Bestimmte Neuropeptide wirken als Regulatoren von Schlaf-EEG und Hormonsekretion. Wir hatten zuvor gezeigt, dass das Neuropeptid Ghrelin bei jungen gesunden Männern (20 bis 30 Jahre alt) nach Gabe zu Beginn der Nacht Tiefschlaf, langsamwellige EEG-Aktivität und die Ausschüttung von Wachstumshormon (GH) und Cortisol fördert. Bisher war nicht bekannt, ob Geschlecht, Alter, Zeitpunkt der Injektion oder psychiatrische Erkrankung die Wirkung von Ghrelin beeinflussen. Jetzt zeigten wir, dass Ghrelin auch bei gesunden, 60 bis 70 Jahre alten Männern, aber nicht bei 35 bis 45 Jahre alten Männern und bei Frauen im Alter zwischen 20 und 70 Jahren schlaffördernd wirkt, während im Verlauf des Alterns bei beiden Geschlechtern die Effekte auf GH ab- und die Effekte auf Cortisol zunehmen. Auch bei frühmorgendlicher Gabe von Ghrelin wurden GH und Cortisol junger Männer stimuliert, das Schlaf-EEG blieb jedoch unverändert. Bei männlichen Patienten mit Depression förderte Ghrelin den Schlaf, wirkte aber bei weiblichen Patienten schlafstörend. Ghrelin vermehrte nur bei männlichen, nicht aber bei weiblichen Patienten die Cortisol-Ausschüttung. Hingegen wurde GH durch Ghrelin bei weiblichen Patienten stärker stimuliert als bei männlichen. Bei jungen gesunden Männern und Frauen wurde der Effekt von Ghrelin auf die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse untersucht. Bei beiden Geschlechtern war die Plasmakonzentration von luteinisierendem Hormon (LH) und bei Männern auch die von Testosteron unter Ghrelin gegenüber Placebo verringert. In einem vierarmigen Protokoll untersuchten wir bei jungen gesunden Männern die Interaktion von Ghrelin mit den Neuropeptiden Wachstumshormon freisetzendes Hormon (GHRH) und Corticotropin freisetzendes Hormon (CRH). Von GHRH ist bekannt, dass es den Schlaf von Männern fördert, während CRH den Schlaf stört. Im Vergleich zu Placebo förderten sowohl Ghrelin alleine wie auch in Kombination mit GHRH und CRH NonREM-Schlaf. Überraschend war, dass der schlaffördernde Effekt von Ghrelin + CRH besonders deutlich ausgeprägt war. Eine Untersuchung des nächtlichen Verlaufs der Ghrelin-Sekretion ergab einen Anstieg bei Männern zwischen 20:00 und 22:00 h, während bei Frauen während der gesamten Nacht keine Fluktuationen auftraten. Zwischen Patienten mit Depression und gesunden Probanden fanden wir keine Unterschiede der nächtlichen Ghrelin-Spiegel. Nach Schlafentzug trat das Ghrelin-Maximum früher auf als in der Ausgangsnacht. Bei jungen gesunden Frauen wirkte CRH in stärkerem Masse schlafstörend als in einer früheren Untersuchung bei jungen Männern. Neben einer Verminderung von Tiefschlaf war bei beiden Geschlechtern der REM-Schlaf nach CRH vermindert. Bei Patienten, deren Hirnanhangsdrüse wegen eines Tumors entfernt worden war und die daher auf eine CRH-Gabe nicht mit einem Cortisol-Anstieg reagieren, fanden wir nach CRH im Vergleich zu Placebo eine Verminderung von Tiefschlaf, aber nicht von REM-Schlaf. Daher ist wahrscheinlich, dass die Reduktion von REM-Schlaf nach CRH bei gesunden Probanden über eine periphere Cortisol-Stimulation vermittelt wird, während die Verminderung von Tiefschlaf auf einer direkten Wirkung von CRH im Gehirn beruht. Schließlich fanden wir, dass bei Patienten mit Zwangsstörung, die frei von einer Comorbidität mit Depression waren, im Vergleich zu gesunden Probanden das Schlafstadium 4 und der nächtliche GH-Peak vermindert, ACTH und Cortisol erhöht waren und drei von 10 Patienten REM-Latenzen von unter 10 min aufwiesen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
(2005) Nocturnal ghrelin levels - relationship to sleep EEC, the levels of growth hormone, ACTH and cortisol - and gender differences. J Sleep Res 14:329-336
Schüssler P, Uhr M, Ising M, Schmid D, Weikel J, Steiger A
-
(2006) Altered nocturnal growth hormone (GH) secretion in obsessive compulsive disorder. Psychoneuroendocrinology 31:1098-1104
Kluge M, Schüssler P, Weikel J, Dresler M, Zuber V, Querfurt F, Yassouridis A, Steiger A
-
(2006) Nocturnal ghrelin, ACTH, GH and cortisol secretion after sleep deprivation in humans. Psychoneuroendocrinology 31:915-923
Schüssler P, Uhr M, Ising M, Weikel JC, Schmid DA, Held K, Mathias S, Steiger A
-
(2006) Peptides and sleep. In: Kastin A (ed) Handbook of Biologcally Active Peptides. Elsevier, San Diego, pp 1521-1528
Steiger A
-
(2006) The role of peptides in disturbed sleep in depression. In: Cardinali DP, Pandi-Perumal, SR (eds) Neuroendocrine correlates of sleep/wakefulness. Kluwer Academic/Plenum Publishers, New York, Boston, Dordrecht, London, Moscow, pp 369- 390
Steiger A
-
(2006) The roles of peptides and steroids in sleep disorders. Expert Review of Endocrinology and Metabolism 1:609-622
Steiger A
-
(2007) Ghrelin administered in the early morning increases secretion of cortisol and growth hormone without affecting sleep. Psychoneuroendocrinology 32:287-292
Kluge M, Schüssler P, Zuber V, Yassouridis A, Steiger A
-
(2007) Ghrelin enhances the nocturnal secretion of cortisol and growth hormone in young females without influencing sleep. Psychoneuroendocrinology 32:1079-1085
Kluge M, Schüssler P, Zuber V, Kleyer S, Yassouridis A, Dresler M, Uhr M, Steiger A
-
(2007) Ghrelin suppresses secretion of luteinizing hormone in humans. J Clin Endocrinol Metab 92:3202-3205
Kluge M, Schüssler P, Uhr M, Yassouridis A, Steiger A
-
(2007) Hormonal controls of sleep. Int J Sleep Wakefulness 1:9-19
Steiger A
-
(2007) Increased nocturnal secretion of ACTH and cortisol in obsessive compulsive disorder. J Psychiatr Res 41:928-933
Kluge M, Schüssler P, Künzel HE, Dresler M, Yassouridis A, Steiger A
-
(2007) Neurochemical regulation of sleep. J Psychiatr Res 41:537-552
Steiger A
-
(2007) Neuroendocrinology of sleep. In: Lajtha A (ed) Handbook of Neurochemistry and Molecular Neurobiology. Springer Science and Business Media, New York, pp 895-937
Steiger A
-
(2007) Sleep onset REM periods in obsessive compulsive disorder. Psychiatry Res 152:29-35
Kluge M, Schüssler P, Dresler M, Yassouridis A, Steiger A
-
Ghrelin alone or co-administered with GHRH or CRN increases nonREM sleep and decreases REM sleep in young males. Psychoneuroendocrinology
Kluge M, Schüssler P, Bleninger P, Kleyer S, Uhr M, Weikel JC, Yassouridis A, Zuber V, Steiger A
-
Ghrelin plasma levels are not altered in major depression. Psychoneuroendocrinology
Kluge M, Schüssler P, Schmid D, Uhr M, Kleyer S, Yassouridis A, Steiger A
-
(2007) Endocrine and metabolic changes during sleep. In: Montagna P, Chokroverty, S (eds) Handbook of Clinical Neurology. Eisevier B.V., Amsterdam
Steiger A