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Iteratives Erzählen

Fachliche Zuordnung Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 525056600
 
Geplant ist eine historisch-typologische Erforschung iterativer Erzählformen – ein bislang kaum untersuchter Komplex der Narratologie. Nach Gérard Genette, der das Phänomen zu isolieren, terminologisch einzugrenzen und zu fassen versucht hat, liegt iteratives Erzählen dann vor, wenn nur einmal erzählt wird, was n-mal geschehen ist. Es geht beim iterativen Erzählen also zunächst um eine besondere Form der Darstellung sich wiederholender Vorgänge in der Zeit und insofern um Erzählökonomie durch Wiederholungsvermeidung, die das Erzählen in die Nähe eines distanzierten Beschreibens rückt. Im ‚klassischen Erzählen’ sind iterative Passagen Neueinsätze oder haben Übergangscharakter zwischen dominierenden singulativ erzählten, ereigniszentrierten Textelementen. Die geplante Monographie wird sich auf die deutschsprachige Literatur in der Zeit nach 1850 konzentrieren, in der iterative Erzählstrukturen aus verschiedenen Gründen ein stärkeres Eigengewicht bekommen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die vermehrte Aufmerksamkeit für Wiederholungsstrukturen in der sozialen Realität: Alltag, Gewohnheiten, Rituale, Zwangshandlungen usw. werden vom distanzierten Blick der Erzählinstanz in ihrem Beharrungsvermögen gegenüber der fortschreitenden, chronologischen Zeit erfasst. Im Grunde geht es um die Frage, wie Leben erzählt werden kann, das sich in Wiederholungsstrukturen eingerichtet hat. In dem Maße, in dem die narrative Darstellung von Handeln auf Verhaltensbeobachtung umstellt, beginnt auch die Grenze von Narration und Deskription zu verschwimmen. Gleichwohl hat das iterative Erzählen oftmals die Tendenz, sich zum ‚Pseudo-Iterativen‘ zu steigern, wenn detailliertes szenisches Erzählen als iterativ markiert wird. Um das iterative Erzählen erstmals genauer zu erfassen und weitere Forschungen anzuregen, sollen zwei Monographien entstehen – die erste widmet sich den mit Iterativität zusammenhängenden theoretischen und typologischen Fragen, die zweite besichtigt die historische Entwicklung dieses meist unauffällig funktionierenden Erzählverfahrens exemplarisch in einigen Genres. Hier stehen Erzählungen insbesondere die Textsorte Porträt, Formen des Idylls und der Autobiographik sowie schließlich verschiedene Formen moderner Literatur zur Auswahl, in denen das iterative Erzählen auftritt, weil sich erzählte Welt und besprochene Welt überlagern.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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