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Der Diskurs um eine ‚Evangelische Pädagogik‘. Kirchliche Bildungspolitik und konfessionelle Bildungstheorie in der Weimarer Republik

Fachliche Zuordnung Evangelische Theologie
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 525229775
 
In Folge des Zusammenbruchs des landesherrlichen Kirchenregiments 1919 und in Fortsetzung der im 19. Jahrhundert einsetzenden Säkularisierungstendenzen vollzog sich in den 1920er Jahren ein weitreichender Schwund des gesellschaftlichen Einflusses der evangelischen Landeskirchen. Vor diesem Hintergrund geriet die seit Anfang des 20. Jahrhunderts diskutierte Frage nach der Zukunft des Volksschulwesens und seiner Lehrerausbildung in das Zentrum der bildungspolitischen Auseinandersetzungen. Ausgangspunkt war der sog. Weimarer Schulkompromiss in Art. 146 der Reichsverfassung, der den divergierenden Interessen sowohl der SPD und liberaler Parteien nach einem bekenntnisungebundenen (Art. 146,1 RV) als auch der Zentrumspartei und der Kirchen nach einem konfessionellen Schulwesen (Art. 161,2 RV) Rechnung zollte. Eröffnet wurde damit ein bildungspolitischer Diskurs, der im sog. Weimarer Schulkampf zu scharfen politischen Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteuren (Parteien, Kirchen, Lehrer:innen- und Elternverbände) führte. Während für die linken und liberalen Parteien sowie für die ihnen zugetanen Verbände das sog. Einheitsschulwesen (‚Ein Volk – eine Schule’; Tews, 1919) als Garant eines demokratischen Aufbaus galt, versuchten die Kirchen sowie kirchennahe Parteien und Verbände unter Verweis auf die konfessionelle Prägung des deutschen Volkes am Bekenntnisschulwesen festzuhalten. So regte Otto Dibelius unter dem Postulat ‚Für die christliche Schule!’ (Dibelius, 1918) Überlegungen zu einer ‚Evangelischen Pädagogik‘ an, die als allgemeine Pädagogik auf Basis des evangelischen Bekenntnisses ein Ausgangspunkt für ein konfessionelles Schulwesen werden sollte. In den einschlägigen kirchengeschichtlichen und bildungshistorischen Darstellungen werden die Bemühungen um die Etablierung einer ‚Evangelischen Pädagogik‘ und darauf aufbauend um ein konfessionelles Schulwesen als ein im Wesentlichen von Dibelius entwickeltes politisches Instrument gedeutet, um den gesellschaftlichen Einfluss der evangelischen Landeskirchen, speziell der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union (APU), im religiös-weltanschaulich neutralen Staat der Weimarer Republik begründen und sichern zu helfen. Im geplanten Forschungsvorhaben soll diese vornehmlich bildungspolitisch begründete Interpretation unter Berücksichtigung des bildungstheoretischen Diskurses um die Konzeption einer ‚Evangelischen Bildung‘ kritisch überprüft und die Rolle von Dibelius im Netzwerk weiterer politischer Akteure präziser bestimmt werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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