Detailseite
Die DDR im Blick des BND, 1968–1989/90. Geheimdienstwissen und Deutschlandpolitik zwischen Détente und Mauerfall
Antragsteller
Dr. Jens Gieseke
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 525456966
Das geplante Vorhaben untersucht die DDR-Aufklärung des Bundesnachrichtendienstes (BND) und ihre Bedeutung für die Deutschlandpolitik der Bundesregierung zwischen 1968 und 1989. Es geht von der These aus, dass die geheimdienstliche DDR-Berichterstattung nach 1968 an Bedeutung für die westdeutsche Deutschlandpolitik gewann. Sie ging in ein halböffentliches Wissensfeld der DDR-Expertise ein, zu dem weitere Akteure wie Ministerialbürokratie und Diplomaten, Wissenschaftler und Demoskopen sowie Medienvertreter beitrugen. Das Vorhaben fragt nach den Informationsressourcen, den politisch-weltanschaulichen Grundlagen und den inhaltlichen Schwerpunkten und Narrativen der BND-Berichterstattung. Es untersucht auch, wie die Informationen zu den Empfängern gelangten, inwiefern informale Netzwerke nach „Bonn“ eine Rolle spielten und ob die zunehmend intensiver betriebene BND-„Pressearbeit“ in der Lage war, Einschätzungen über Politik und Gesellschaft des anderen deutschen Staates zu verbreiten. Das Vorhaben setzt drei Schwerpunkte: Erstens soll untersucht werden, wie sich die Wissensproduktion des Dienstes über die DDR von 1968 bis 1990 im Wechselspiel zwischen sich wandelnden Beschaffungsmöglichkeiten, Wahrnehmungsmustern und Anforderungen seitens der Bundesregierung entwickelte. Zweitens soll herausgearbeitet werden, inwiefern sich für die 1970er und 1980er Jahre von einer Professionalisierung, Modernisierung und Verwissenschaftlichung des BND in Hinblick auf seine Wissensproduktion sprechen lässt, und was darunter zu verstehen ist. Drittens wird untersucht, inwiefern die deutschlandpolitischen Instanzen der Bundesregierung Impulse für die nachrichtendienstlichen Wissensproduktion in Bezug auf die DDR setzten und ihre Ergebnisse rezipierten, als Argument nutzten oder ignorierten. Historiographisch schließt das Vorhaben an die Studien der Unabhängigen Historikerkommission für die Geschichte des BND bis 1968 (UHK) an, die die BND-Geschichte in erster Linie in den Kontext des politisch-gesellschaftlichen Prozesses der Demokratiedurchsetzung in der frühen Bundesrepublik gestellt haben. Demgegenüber zielt das geplante Vorhaben darauf ab, die Geschichte des BND breiter in der Geschichte politischen Entscheidens der Bundesrepublik zu verorten und einen Beitrag zur Geschichte der staatlichen Wissensproduktion und Politikberatung in der Bonner Republik zu leisten. Zur Umsetzung dieses Vorhabens werden in erster Linie sowohl bereits deklassifizierte als auch noch eingestufte Archivalien des BND und des Bundeskanzleramts genutzt. Als Kooperationsprojekt zwischen dem Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung und dem Fachbereich Nachrichtendienste der Hochschule des Bundes wird insofern Neuland betreten, als hier für ein Forschungsprojekt „nach der UHK“ in substanziellem Umfang durch das BND-Archiv Unterlagen freigegeben und für die Historiografie zugänglich gemacht werden sollen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortlich
Professor Dr. Rüdiger Bergien