Untersuchungen zu Struktur und Phasenübergängen in keramischen Nanoteilchen durch Messung elektrischer Quadrupolwechselwirkungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im vorliegenden Forschungsvorhaben sind klassische Methoden der Festkörperforschung wie Röntgen- und Elektronenbeugung mit der Messung elektrischer Quadrupolwechselwirkungen (QWW), einem Verfahren der Nuklearen Festkörperphysik, bei der Untersuchung keramischer Nanoteilchen kombiniert worden. Die QWW zwischen dem Quadrupolmoment eines Kerns und dem elektrischen Feldgradienten (EFG) wird bestimmt durch die Ladungsverteilung der nächsten Nachbarn des betrachteten Kerns. Ihre Messung gestattet also Einblicke in die Nahordnung eines Festkörpers, wohingegen Röntgen- und Elektronenbeugung, i.w. die Fernordnung abbilden. Die Kombination beider Verfahren ist deshalb besonders attraktiv bei der Untersuchung von Strukturen in Nanometerbereich. Die zentrale Fragestellung des Vorhabens betrifft Struktur und Phasenumwandlungen von Übergangsmetall-Oxiden MO2 und Nitriden MN (M = Ti, Zr, Hf) mit Partikelgrößen von d ≤ 5 nm im Vergleich zu den normal-körnigen Substanzen. Die Nanopartikel wurden mit dem im Forschungszentrum Karlsruhe entwickelten Mikrowellenplasmaverfahren synthetisiert. Hauptvorteile dieses Verfahrens sind Herstellung extrem kleiner Teilchen, eine relativ enge Teilchengrößenverteilung und die Möglichkeit, die Teilchen einzeln mit einer zweiten Keramikschicht zu ummanteln. XPS, 1H Magic Angle Spinning NMR, Thermogravimetrie und Verbrennungsanalyse wurden zusätzlich eingesetzt, um die Teilchen hinsichtlich Stöchiometrie, Hydratbelegung und chemischer Verunreinigungen zu charakterisieren. Die Struktur der Teilchen im nativen Zustand und die Entwicklung von Struktur und Teilchengröße mit steigender Temperatur wurden mittels Transmissionselektronenmikroskopie (TEM), Röntgen- und Elektronenbeugung untersucht. Die TEM Bilder zeigten eine gut entwickelte periodische Struktur des Metallionen-Teilgitters. Aus den Beugungsdiagrammen kann geschlossen werden, daß die Nano-Teilchen in der Regel in einem metastabilen Zustand synthetisiert werden. So entsteht n-TiO2 in der Anatas- anstelle der Rutil-Struktur und n-ZrO2 in der kubisch/tetragonalen anstelle der monoklinen Phase. Lediglich n-HfO2 liegt in der monoklinen Phase vor. Durch Beschichtung mit Alumina (n-HfO2/Al2O3) kann jedoch auch hier die kubisch/tetragonale Phase bis zu hohen Temperaturen stabilisiert werden. Generell führte die Beschichtung der Teilchen zur Stabilisierung der metastabilen Phase. Das Teilchenwachstum wurde aus der Linienbreite der Beugungsdiagramme ermittelt. Zur Messung elektrischer Quadrupolwechselwirkungen wurde die Methode der gestörten γγ-Winkelkorrelationen (PAC) eingesetzt. Dieses Verfahren verwendet radioaktive Isotope als Sondenkerne, im vorliegenden Fall die Kerne 181Ta und 111Cd. Die 181Ta PAC Spektren der nativen Teilchen reflektieren einen hohen Grad an Fehlordnung des Sauerstoff-Teilgitters. Zusammen zeichnen die PAC und TEM Ergebnisse damit das Bild von Teilchen mit einem wohlgeordneten Kationen- und einem stark gestörten Anionen-Untergitter. Die Ordnungsprozesse und Phasenübergänge konnten durch PAC Messungen bei höheren Temperaturen beobachtet werden. Anstelle der scharfen Phasenübergänge normalkörniger Teilchen erstrecken sich die gleichen Übergänge bei nanokristallinen Teilchen über Temperaturbereiche von bis zu 200 K. Die Beschichtung mit einer zweiten Keramik kann Phasentransformationen vollständig unterdrücken. Beim Abkühlen von beschichteten wie unbeschichteten HfO2 und ZrO2 Nanoteilchen aus Temperaturen T ≥ 1000 K wurde in den 181Ta PAC Spektren ein unerwartetes Phänomen beobachtet, das bei normalkörnigen Oxiden und auch bei Teilchen mit Durchmesser d > 100 nm nicht auftritt: Die relative Häufigkeit von 181Ta Sondenkernen in der monoklinen Phase sinkt im Bereich von 700 – 500 K vollständig reversibel um etwa ein Drittel. Es werden zwei Modelle zur Interpretation dieses Nanosize-Effekts zur Diskussion gestellt. Die eine Interpretation nimmt eine teilweise Rücktransformation in den ungeordneten Zustand an, die andere Interpretation bringt den Effekt mit der Bildung eines Defektkomplexes am Sondenkern in den Korngrenzen der Nanoteilchen in Zusammenhang.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Perturbed-angular-correlation study of phase transformations in nanoscaled Al2O3-coated and non-coated ZrO2 particles synthesized in a microwave plasma. Phys. Rev. B. 61, 1014 (2000)
M. Forker, J. Schmidberger, D. V. Szabó and D. Vollath
-
Structural disorder in the anion lattice of nanocrystalline zirconia and hafnia particles. Mat. Res. Symp. Proc. 634, B 7.7.1 (2001)
D. Vollath, M. Forker, M. Hagelstein and D. Vinga Szabó
-
Phases and phase transformations in nanocrystalline ZrO2. Journal of Nanoparticle Research (2006)
D. Vollath, F. D. Fischer, M. Hagelstein and D. V. Szabó
-
Structure and grain growth of TiO2 nanoparticles investigated by electron- and X-raydiffraction and by 181Ta perturbed angular correlations. J. Appl. Phys. 100, 024305 (2006)
S. Schlabach, D.V. Szabó, D. Vollath, P. de la Presa and M. Forker
-
Zirconia and Titania Nanoparticles Studied by Electric Hyperfine Interactions, XRD and TEM. J. Alloys Comp. 434-435, 590 (2007)
S. Schlabach, D.V. Szabó, D. Vollath, P. de la Presa and M. Forker