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Neuere Geschichte

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2000 bis 2002
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5274330
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

1) Thorbeckes deutsche Jahre 1820-1824 in Gießen und Göttingen bildeten die Grundlage der Vermittlung von Inhalt und Stil der Historischen Rechtsschule in den Niederlanden. Thorbeckes im Kern bis heute gültige Verfassung der Königreichs der Niederlande von 1848 lässt dies ebenso erkennen wie seine Rezeption des liberal-monarchie-skeptischen konstitutionalistischen Denkens in "checks and balances". 2) Thorbeckes 'Staatkunde' und Verfassungsrecht verkörpern den niederländischen Weg des Konstitutionalismus 'zwischen England und Deutschland' unter Berücksichtigung 'organischer' Traditionen der Statthaltertradition bei gleichzeitiger liberaler Distanz zur oranischen Herrschaftsnarratio seit 1813. Dies zeigt u. a. die für die Mitte des 19. Jahrhunderts bemerkenswerte Einordnung des Monarchen als funktionales Staatsoberhaupt durch die klare Festschreibung der Ministerverantwortlichkeit: "de koning is onschendbaar, de ministers zijn verantwoordelijk" (art. 42 Grondwet). 3) Der Politiker, Parlamentarier und Publizist Thorbecke war der 'Erfinder' der modernen niederländischen 'Staatkunde'. Wissenschaftsgeschichtlich unterscheidet sich diese deutlich von den deutschen Staatswissenschaften durch ihren politisch-parlamentarischen Praxisbezug und den Anspruch einer Theorie des Konstitutionalismus, ausgehend vom niederländischen Fall. Sie weist viele Ähnlichkeiten mit der zeitgenössischen amerikanischen Verfassungsdiskussion auf. 4) Der niederländische Parlamentarismus und die parlamentarische Regierungsform auf der Grundlage der Thorbecke-Verfassung sollten nicht verallgemeinernd modernisierungsgeschichtlich als Gegensatz zur 'Versäulung' der niederländischen sozialmoralischen Milieus verstanden werden, die erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entstand. Zu Thorbeckes Lebzeiten war der konstitutionelle Parlamentarismus ein liberales Elitenphänomen selbst noch vor der Schwelle der konfessionellen Versäulung.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Rechtskultur, politische Kultur und Widerstand. Die politische Bedeutung des niederländischen Widerstandes gegen die nationalsozialistische deutsche Besatzungsmacht nach 1945. Archiv für Kulturgeschichte, Bd. 83. 2001, H.1, S. 221-238.
    R.-U. Kunze
    (Siehe online unter https://doi.org/10.7788/akg.2001.83.1.221)
  • „Wacht op onze daden!“ Johan Rudolf Thorbecke (1798–1872): der liberale Vater der modernen Niederlande, in: Liberal. Vierteljahreshefte für Politik und Kultur, 45. 2003, S. 74-76.
    R.-U. Kunze
  • Weniger Nationalstaat als Nationalgesellschaft: Die Niederlande im 19. und 20. Jahrhundert. Neue Politische Literatur 49. 2004, H. 3, S. 417-450.
    R.-U. Kunze
  • Johan Rudolf Thorbecke (1798–1872) und die Verfassung von 1848, in: NiederlandeNet.de (Die Geschichte der niederlande 1795 bis 1914) Das Online-Portral über die Niederlande und die Deutsch-Niederländischen Beziehungen, Zentrum für Niederlandestudien der WWU.
    R.-U. Kunze
  • Oranje boven: Das Haus Oranien und die niederländische Gesellschaft, 1566 bis heute, in: Friso Wielenga, Markus Wilp (Hg.), Nachbar Niederlande. Eine landeskundliche Einführung, Münster, Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen, 2007, S. 93-132.
    R.-U. Kunze
  • Liberale Faktoren niederländischer Geschichte. Ein Aufriss und eine erinnerungspolitische Fehlanzeige. Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung 24. 2012, S. 131-145.
    R.-U. Kunze
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.5771/9783845253879-131)
  • 200 Jahre niederländische Monarchie: ein Überblick. In: Friso Wielenga, Markus Wilp (Hg.), Die Niederlande. Ein Länderbericht, Bonn 2015 (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 1624), S. 113-140.
    R.-U. Kunze
 
 

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