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Antarktische Eisschild-Dynamik während der letzten 4 Millionen Jahre (ICEBERGS)
Antragsteller
Privatdozent Dr. Michael E. Weber
Fachliche Zuordnung
Geologie
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 527459208
Wir benötigen ein tieferes Verständnis von Kipppunkten im Klimasystem, um die Geschwindigkeit und das Ausmaß des künftigen Klimawandels besser beurteilen zu können. Hierbei ist die Rolle des Antarktischen Eisschildes entscheidend und heftig debattiert, da dessen Abschmelzen den Meeresspiegel weltweit bis um bis zu 60 m ansteigen ließe. Das nichtlineare Schwellenwert-Verhalten, das oft in Klimavorhersage-Modellen benutzt wird, ist in instrumentellen Klimaaufzeichnungen der letzten beiden Jahrhunderte leider nicht abgebildet. Geologische Archive hingegen dokumentieren, dass solche groß-skaligen und oft irreversiblen Verschiebungen im Erdsystem an Kipppunkten stattgefunden haben. Ich möchte die Dynamik und die Geschichte des Antarktischen Eismassenverlustes an solchen kritischen Klima-Kipppunkten während der letzten rund 4 Millionen Jahre untersuchen. Es handelt sich dabei um Zeiten, zu denen entweder die Temperatur, die atmosphärischen Kohlendioxid-Konzentration oder der globale Meeresspiegel höher waren als heute. Es handelt sich dabei um das letzte Interglazial, das Marine Isotopenstadium 11, der Mittel-Pleistozäne Übergang und die Mittel-Pliozäne Warmzeit). Ich werde mich dabei auf Eisberge konzentrieren, die die große Unbekannte darstellen, obwohl sie die Hälfte des gesamten Antarktischen Eismassenverlustes ausmachen. Kürzlich gewonnenes IODP-Kernmaterial aus der Eisberg-Allee des Scotia-Meeres wird dabei den regionalen Schwerpunkt bilden. Das ist der zentrale Pfad, durch den Eisberge befördert werden und letztlich abschmelzen, wobei sich Eisberg-transportiertes Material am Tiefseeboden ablagert. Diese Arbeiten werden durch weitere IODP und ODP Kernstationen aus Antarktischen Schlüsselregionen ergänzt. Eine derartig großräumige, zirkum-Antarktische Studie, die auch die Eisberg-Herkunft einschließt, wurde noch niemals durchgeführt. Auch die vorgeschlagene Methode, die auf künstlicher Intelligenz beruht, um der Datenflut Herr zu werden, wurde noch nie eingesetzt. Ergänzende Untersuchungen sollen vergleichende Korngrößen-Analysen durchführen, Staubanzeiger generieren, um die orbital-basierte Chronologie zu etablieren und den Ursprung der Eisberge auf dem Antarktischen Kontinent geochemisch zu bestimmen. Das Projekt ICEBERGS hat das Potential, fundamentale Erkenntnisse zur zeitlichen Abfolge und Dynamik vergangener Eisberg-Abbrüche zu liefern sowie die Folgen für den globalen Meeresspiegelanstieg besser beurteilen zu können. Diese erste Langzeit-Rekonstruktion des Antarktischen Eismassenverlustes kann weiterhin wichtige Daten zur Klimamodell-Kalibrierung liefern und somit eine Reihe von wissenschaftlichen Disziplinen beeinflussen.
DFG-Verfahren
Infrastruktur-Schwerpunktprogramme