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Pastoralists Lost: erste Pferde- und Wiederkäuerhirten der zentralasiatischen Steppe und ihre Bedeutung für die frühe Pferdehaltung
Antragstellerin
Professorin Dr. Cheryl Makarewicz
Fachliche Zuordnung
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 528052869
Die Domestikation des Pferdes bewirkte Revolutionen in Transport, Kommunikation und Kriegsführung, und veränderte die menschlichen Interaktionen auf dem eurasischen Kontinent. Doch vollzog sich dieser Prozess in mehr als einer Region und zu unterschiedlichen Zeitpunkten unabhängig voneinander. Vor mehr als 5000 Jahren entstand in der Grassteppe des heutigen Kasachstans die Botai-Kultur, ein Hotspot der Pferdehaltung für die Nahrungsmittelproduktion. Diese Pastoralisten spezialisierten sich mehr als 1000 Jahre ausschließlich auf Pferdehaltung, bis die Ausbreitung von domestizierten Wiederkäuern ein "Steppenpastoralistenpaket" von Pferden, Ziegen und Rindern bedingte. Gleichzeitig geriet über 2500 km östlich in der pontisch-kaspischen Waldsteppe eine völlig andere Abstammungslinie von Pferden unter menschliche Einflussnahme. Ausgewählt nach Merkmalen, die das Reiten und Ziehen von Wagen ermöglichten, brachte diese Linie unsere modernen Hauspferde hervor und verbreitete sich rasch über Eurasien und verdrängte die einheimischen Pferdepopulationen und die mit ihnen einhergehenden pastoralen Lebensweise. Pastoralists Lost untersucht die frühen Versuche der Tierhaltung im nördlichen und östlichen Kasachstan, Schauplatz menschlicher Innovationen in der Steppe. Wir erforschen die Schlüsselelemente, die für die pastorale Lebensweise von zentraler Bedeutung waren, deren Stellenwert in den frühen Prozessen der Pferdedomestikation jedoch überraschend unberücksichtigt bleibt: Mobilität und wie die Tiere bewegt wurden, um den Bedürfnissen von Mensch und Pferd gleichermaßen gerecht zu werden. Das Projekt untersucht darüber hinaus, wie Mensch-Pferd-Beziehungen mit der Ankunft von Rindern, Schafen und Ziegen neu strukturiert wurden, wie sie "Know-how" und neue Haltungspraktiken übernahmen, die sich auf alle Tierarten auswirkten, und wie sie mit dem raschen Zustrom, der aus dem Westen eingeführten neuen Linie von Hauspferden umgingen. Damit bilden wir ein neues theoretisches Paradigma, das die Rolle polyzentrischer Entwicklungspfade im Domestikationsprozess und eine Vielzahl vergangener Tiernutzungssysteme, die die subsistenzwirtschaftliche Resilienz förderten, in den Vordergrund stellt sowie die Konzepte von "Erfolg" und "Misserfolg", die derzeit im archäologischen Diskurs und in unserem Verständnis der Vergangenheit verankert sind, in Frage stellt. Pastoralists Lost setzt modernste archäologische Wissenschaftstechniken ein, darunter Massenspektrometrie-, Proteom- und Genomanalysen, die an Knochen, Zähnen und Keramik aus Sammlungen und neuen Ausgrabungen mit hoher Genauigkeit durchgeführt werden. Dieses Spektrum an Techniken wird hochauflösende, multiskalare Informationen über Mobilität und Ernährung der Tiere liefern, Prozesse ihrer Verbreitung und genomischen Hinterlassenschaften sowie Art und Weise der Nahrungsversorgung in Subsistenzwirtschaft aufdecken und einen fundierten Wissenstransfer für die nächste Generation der kasachischen Archäologen ermöglich.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Frankreich, Großbritannien, Kasachstan
Partnerorganisation
Arts and Humanities Research Council
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner
Dr. Michael Buckley; Professor Dr. Victor Merz; Professor Dr. Ludovic Antoine Alexandre Orlando; Professor Alan Outram; Dr. Alexander Pryor; Dr. Melanie Roffet-Salque