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Entschlüsselung der Geschichte quartärer Verwerfungen in einem aktiven Orogen: Paläoseismologie und Neotektonik des subandinen Vorland-Überschiebungsgürtels in Bolivien

Antragstellerin Dr. Magda Patyniak, Ph.D.
Fachliche Zuordnung Geologie
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 528296045
 
Aktive Überschiebungsgürtel in den Randregionen großer Gebirge sind bedeutende seismische Gefährdungszonen, insbesondere in Gebieten mit seismogenen Strukturen, stetig wachsender Bevölkerung und Infrastruktur. Ein wesentliches, jedoch oft unzureichend verstandenes Kriterium für eine angemessene Gefahren- und Risikobewertung ist die Frage, ob die verantwortlichen Störungssysteme einer permanenten, kriechenden Deformation oder episodischen, seismogenen Bruchprozessen unterliegen. Jüngste regionale geodätische Oberflächengeschwindigkeitsmessungen in den südlichen bolivianischen Subanden deuten darauf hin, dass das Décollement unter dem östlichen Orogen das laterale und vertikale Gebirgswachstum steuert. Oberflächlich manifestiert sich die Sohlüberschiebung in dem Mandeyapecua-Verwerfungssystem – dem Schwerpunkt dieser Studie – am äußersten östlichen Rand des subandinen Überschiebungsgürtels, welches Quartäre Oberflächenversätze dokumentiert. Diese mehrere Dutzend Meter hohen Verwerfungen spiegeln wiederholte Oberflächenbrüche, sowie langwellige Deformation der Landformen wider, doch weder instrumentelle noch historische Archive verzeichnen Erdbeben großer Stärke in dieser Region. Darüber hinaus ist die von GPS abgeleitete Rate der heutigen Kontraktion an der Gebirgsfront gering und Studien über Deformationsraten basieren in erster Linie auf langfristigen Beobachtungen in geologischen Zeitskalen (10^6 Jahren). Es besteht daher eine große Wissenslücke hinsichtlich der Störungsaktivität auf Zeitskalen von mehreren hundert bis tausend Jahren. Um eine ganzheitliche Bewertung der Verwerfungen und des Ausbleibens ausgeprägter Seismizität in jüngster Zeit zu erhalten, liegt der Schwerpunkt dieses Projekts auf der Entschlüsselung der Erdbebengeschichte und des seismogenen Verhaltens des Mandeyapecua-Verwerfungssystems. In dieser Studie werden weltraumgestütztes Lidar und hochauflösende topografische Aufnahmen mit oberflächennaher Geophysik, paläoseismologischen Schürfgräben und Datierung von versetzten Oberflächen kombiniert, um ein 4-D- Darstellung der tektonischen Prozesse zu erhalten, die den subandinen Gebirgsgürtel beeinflussen. Durch die Zusammenarbeit mit lokalen Kooperator*innen werden die erwarteten Ergebnisse dieser Studie letztendlich zu einer besseren Bewertung der regionalen seismischen Gefährdung, zu einem stärkeren Bewusstsein für seismische Gefahren und zu neuen Erkenntnissen über die jüngste tektonische Entwicklung des subandinen Verwerfungssystems führen. In einem globalen Kontext wird erwartet, dass die Studie dazu beitragen wird, die Geschichte der seismotektonischen Segmentierung von Verwerfungsfronten entlang aktiver, nicht-kollisionalen Gebirgsgürteln, sowie ihre Auswirkungen auf die Landschaft zu entschlüsseln.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Argentinien, Bolivien, USA
 
 

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