Modellentwicklung für die Grobstruktursimulation von Naturkonvektion bei hohen Rayleigh-Zahlen mit besonderer Berücksichtigung unterschiedlicher Pandtl-Zahlen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Prandtl-Zahl Pr ist das Verhältnis der Diffusivität für Impuls zu der für Wärme. Die Besonderheit von Fluiden mit kleiner Prandtl-Zahl, wie z.B. von Flüssigmetallen, ist, dass sie durch ihre hohe Wärmediffusivität im Vergleich zur Impulsdiffusivität extrem dicke thermische Grenzschichten bilden, und dass die Temperaturschwankungen stark bedämpft werden. Daher sind Zeit- und Längenskalen im Impuls-und Temperaturfeld von turbulenter Konvektion in Flüssigmetallen stark unterschiedlich. Das vorliegende Forschungsvorhaben befasst sich mit der Modellentwicklung für den turbulenten Wärmetransport bei Naturkonvektion mit besonderer Berücksichtigung unterschiedlicher Prandtl-Zahlen. Die erzielten Ergebnisse und Fortschritte gegenüber dem Stand des Wissens zum Zeitpunkt der Antragstellung lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die DNS-Datenbasis für Rayleigh-Bénard-Konvektion in Flüssigmetallen wurde um einige Direkte Numerische Simulationen (DNS) für die Rayleigh-Zahl Ra = 105 und Pr=0,025 erweitert. Es wurden Ergebnisse zu den Mechanismen in der Konvektionsschicht erzielt, die den bivalenten Charakter zwischen hochgradig turbulentem Impulsfeld offensichtlich machen, das einerseits sehr kleine unregelmäßige Strukturen enthält, die aber überlagert sind von sehr großräumigen langwelligen annähernd regelmäßigen Rollenstrukturen. Diese großen Strukturen korrespondieren zu dem extrem langwelligen Temperaturfeld, das relativ kleine Fluktuation aufweist und keine kleinen Skalen enthält. Zwangsläufig muss dann auch eine RANS-Modellierung diese Unterschiede in den Längen- und Zeitskalen berücksichtigen. Die statistischen Analysen der DNS-Daten für diverse RANS-Modelle belegen tatsächlich, dass in einfachen Wärmestromgradientenmodellen beide Zeitskalen, die des Impulsfeldes k/ε und die des Temperaturfeldes θ 2 /εθ, zu berücksichtigen sind. Damit ist zwangsläufig bei von eins abweichenden Prandtl-Zahlen eine Wärmestrommodellierung notwendig, die vier zusätzliche Transportgleichungen für diese Größen benutzt. Die Diffusion und die Dissipation in den beiden Gleichungen für die thermische Zeitskala wurden ebenfalls analysiert und verbesserte Modelle vorgeschlagen, die den Einfluss der Prandtl-Zahl enthalten. Da Naturkonvektion sehr stark anisotrope Turbulenzfelder generiert, wurde hier der Weg über den Gradientenansatz für den Wärmestrom verlassen und, abgeleitet aus den Transportgleichungen für die turbulenten Wärmeströme, ein algebraisches anisotropes RANSWärmestrommodell entwickelt, das notwendigerweise ebenso auf den vier zusätzlichen Transportgleichungen basiert. Dieses Modell und einige der in den Transportgleichungen benutzten Schließungsannahmen sollten nicht nur für Naturkonvektion, sondern auch für Mischkonvektion und Zwangskonvektion in Fluiden mit Prandtl-Zahlen um eins und kleiner anwendbar sein. In die Analysen sind Daten der Partner aus der ITI einbezogen worden, womit insbesondere nachgewiesen werden kann, dass die entwickelten Modelle tatsächlich für einen weiten Prandtl-Zahlenbereich anwendbar sind. Bei der Entwicklung neuer Feinstrukturmodelle kann weitgehend auf die für RANS entwickelten neuen Modelle zurückgegriffen werden: Als Ergebnis dieses Projektes wurde ein Feinstrukturmodell für den flächengemittelten turbulenten Wärmestrom entwickelt, das als algebraisches Modell die Anisotropie des Wärmestromes wiedergibt und das implizit die Unterschiede in den Zeitskalen von Impuls- und Temperaturfeld berücksichtigt. Das Modell enthält diese Unterschiede auch explizit durch die notwendige Verwendung der beiden zusätzlichen Transportgleichungen für kSGS und SGS θ 2 , was wegen der grundsätzlichen Zeitabhängigkeit einer LES von besonderer Bedeutung ist. Das Modell kann schließlich selbstadaptiv den Übergang zwischen LES und DNS des Temperaturfeldes beschreiben, unabhängig von der Auflösung des Geschwindigkeitsfeldes, da in beiden Transportgleichungen in der entsprechenden Dissipation unterschieden wird zwischen der jeweils direkt räumlich auflösbaren Dissipation und der zu modellierenden nicht aufgelösten Dissipation. Das neue Feinstrukturwärmestrommodell kann also gemischte Simulationen von LES des Impulsfeldes und DNS oder LES des Temperaturfeldes unterstützen. Für die Berechnung des lokalen turbulenten Zeitskalenverhältnisses, welches bei der Berechnung der Dissipationsrate der Temperaturvarianz hier im Feinstrukturmodell, wie auch in manchen statistischen Turbulenzmodellen, zum Einsatz kommt, wurde eine Gleichung hergeleitet, die für einen weiten Rayleigh- und Prandtl-Zahlenbereich anwendbar ist. Das neue Feinstrukturwärmestrommodell wurde zwar für Naturkonvektion entwickelt, es sollte jedoch auch für Mischkonvektion und Zwangskonvektion in Fluiden mit Prandtl-Zahlen um eins und kleiner anwendbar sein. Bei den Untersuchungen in diesem Projekt und bei den Projektpartnern blieben eine Reihe von Fragen zu grundlegenden Strömungsmechanismen, zur Modellierung und zur Weiterentwicklung auf technische Anwendungen offen, die es in der Zukunft zu klären gilt: Zu den grundlegenden Strömungsmechanismen sollte geklärt werden, in wie weit die hier gefundenen langwelligen Bandstrukturen von den Randbedingungen der Simulation beeinflusst und damit eventuell verstärkt wurden. In diesen Bändern wurde zeitweise das lokale Auftreten von Trägheitskonvektion detektiert; die Parameterbereiche für deren Auftreten in einem turbulenten Strömungsfeld sollten systematisch untersucht werden. Dazu sind geeignete automatisierbare Detektinskriterien zu entwickeln. Zum Themenkomplex Modellentwicklung gehören zum einen der Abschluss der Validierung der hier entwickelten Modelle für Naturkonvektion und die Untersuchung der Anwendbarkeit auf Zwangskonvektion. Insbesondere sollte auch die Gültigkeit für einen größeren Prandtl-Zahlenbereich, hin zu hohen Prandtl-Zahlen, geprüft und sichergestellt werden; leider sind jedoch genaue Messungen und DNS für Zwangskonvektion bei hohen Prandtl-Zahlen bis heute kaum möglich. Zum Themenkomplex Weiterentwicklung für technische Anwendungen gilt es, die hier entwickelten anisotropen algebraischen Wärmestrommodelle mit geeigneten anisotropen Modellen für den turbulenten Impulstransport zu kombinieren. Die an akademischen Einfachkanälen für im statistischen Sinn eindimensionale Probleme entwickelten Modelle sind an realistischen drei-dimensionalen Problemen zu untersuchen und gegebenenfalls dafür weiter zu entwickeln. Der Bereich möglicher Anwendungsfelder für die hier entwickelten Modelle vor und nach der vorgeschlagenen Weiterentwicklung ist wie bei allen Turbulenz- und Feinstrukturmodellen so weit reichend, dass er kaum abgeschätzt werden kann. Beispiele sind im Maschinenbau und Verfahrenstechnik die Konvektion in großen Behältern; die Lüftung und Klimatisierung von Fahr- /Flugzeugkabinen; Verbrennungsvorgänge; viele Störfallszenarien der Wasserstofftechnologie wie die Ausbreitung von Wasserstoff in Räumen, z.B. in Garagen oder in Tunnels; Strömungen mit anderen Feldkräften, wie in rotierenden Systemen oder in der Magnetohydrodynamik; die Analyse der Kühlung von Reaktorkomponenten bei Betriebs- und Störfallzuständen, der Herstellung von Gussprodukten (Stahl, etc.), oder der Herstellung von Einkristallen für die Halbleiterproduktion. Im Bauingenieurwesen sind solche Modelle in folgenden Bereichen adäquat: In der Raumlüftung, Klimatisierung und Heizung; bei der Untersuchung von Kühlwasser-/Stoffdeposition in Flüssen und Seen, von Ausbreitung von Kühlturmschwaden, usw.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- GRÖTZBACH, G., BATTA, A., DRUMMOND, R., OTIC, I., PANEFRESCO, C.: HGF Strategy Fund Project 99/16: Thermalhydraulic and Material Specific Investigations into the Realization of an Accelerator Driven System (ADS) to Transmute Minor Actinides: Fundamental Experiments in Liquid Lead-Bismuth on Heat Transfer and Model Development - Model Validation, Programm Nukleare Sicherheitsforschung, Jahresbericht 2001 Teil 1, Forschungszentrum Karlsruhe, FZKA 6741 (2002) pp. 429-436.
- GRÖTZBACH, G., BATTA, A., LEFHALM, C.H., OTIC, I.: Challenges in thermal and - 19 / 24 - hydraulic analyses of ADS target systems, Proc. 6th Internat. Conf. on Nuclear Thermal Hydraulics, Operations and Safety (NUTHOS-6), Nara, Japan, Paper ID. N6P005, October 4-8, 2004.
- GRÖTZBACH, G., OTIC, I.: Modellentwicklung für die Grobstruktursimulation von Naturkonvektion bei hohen Rayleigh-Zahlen mit besonderer Berücksichtigung unterschiedlicher Prandtl-Zahlen, Abschlusstreffen der interdisziplinären Turbulenz Initiative, Themengruppe 2: Thermische Konvektion bei hohen Rayleigh-Zahlen, Göttingen, 2. Februar 2006.
- GRÖTZBACH, G., OTIC, I.: Simulation of turbulent convection in low Prandtl-number fluids, On invitation, Minisymposium on Large Eddy Simulation, 9th International Conference on Numerical Methods and Computational Mechanics 2002 (NMCM 2002), University of Miskolc, Hungary, 15.-19.7. 2002, Book of Abstracts, RU ISBN 963 661 535 7, pp. 91-92.
- GRÖTZBACH, G.: Simulation and modelling of turbulent convection in low and moderate Prandtl-number fluids. Seminar at Kyoto University, Disaster Prevention Research Institute, Kyoto, Japan, Oct. 12-13, 2004.
- GRÖTZBACH, G.: Simulation der Konvektion bei mittleren und kleinen Prandtl-Zahlen, Erstes - 20 / 24 - Kolloquium der interdisziplinären Turbulenz Initiative, Ilmenau, 5.-7. 9. 2001.
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- GRÖTZBACH, G.: Turbulent convection in low Prandtl-number fluids - Simulation and modelling - Seminar at Tokyo University of Science, Department of Mechanical Engineering, Noda, Japan, Oct. 15, 2004.
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- OTIC, I., GRÖTZBACH, G.: Turbulent time scales and the temperature variance dissipation rate in natural convection in lead-bismuth, Proc. Mathematics and Computation, Supercomputing, Reactorphysics and Nuclear and Biological Applications, Avignon, France (2005), American Nuclear Society, LaGrange Park, IL, Paper-ID 038.