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Feuchtgebiete neu denken (ReWet). Eine Umweltethnologie von Feuchtgebieten

Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 528547179
 
Dieses Projekt erarbeitet eine historisch fundierte und vergleichende Ethnographie vom Schutz von Feuchtgebieten in Großbritannien und Italien. Es sammelt, analysiert und verbreitet Wissen und Praktiken zu Formen von Bewirtschaftung von Feuchtgebieten, die sowohl die lokale Wirtschaft als auch ökologische Diversität und Klimaresilienz unterstützen. Insbesondere vergleicht ReWet Narrative, Vorstellungen, Wissenschaft und Techniken der Bewirtschaftung von Feuchtgebieten in zwei Küstenebenen: den Somerset Levels in England und dem Golf von Oristano in Sardinien, Italien. Diese gehören zu den bedeutendsten Feuchtgebieten Europas, und ihre ikonischer Stellung macht ihren Vergleich aus ökologischer und kultureller Sicht besonders bedeutsam. Die geplante Forschung liefert wichtige Erkenntnisse zur Eindämmung des Verlusts von Feuchtgebieten und Bekämpfung des Klimawandel. Zwei Drittel der europäischen Feuchtgebiete sind im letzten Jahrhundert verschwunden, ein Prozess der sich weiter fortsetzt. Vor diesem Hintergrund und im Sinne eines veränderten ökologischen Bewusstseins verschieben sich die Auffassung und Wertschätzung von Feuchtgebieten: Von Ödland, das urbar gemacht werden muss, zu wichtigen Ökosystemen, welche die Auswirkungen des Klimawandels abmildern. Entsprechend ist der Schutz von Feuchtgebieten zu einer Priorität geworden, deren Umsetzung aber von spezifischen Landschaftsschutzinitiativen anhängt. Wie ich durch meine Forschung in italienischen Feuchtgebieten herausgefunden habe, sind solche Initiativen besonders auf die Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinschaften angewiesen, die oft von den Schutzmaßnahmen betroffen sind und sich zum Teil gegen sie wenden. Vor diesem Hintergrund untersucht ReWet Landschaftsschutzinitiativen mit einem Fokus auf deren Bewirtschaftungsstrategien wie z.B. Beweidung, Fischerei und Landwirtschaft. Umweltschützer*innen wiederum betrachten diese Aktivitäten oft als ökologisch sinnvoll ohne dabei auch ökonomische Aspekte zu berücksichtigen. Ein solcher Gegensatz zwischen Ökologie und Ökonomie führt oft zu Auseinandersetzungen, die den Erhalt von Feuchtgebieten letztlich gefährden. ReWet überwindet diesen Widerspruch, indem es eine Anthropologie der Feuchtgebiete entwickelt, die jenseits der engen Definition von Ökosystemen diese als hydrosoziale Lebenswelten versteht. Hierdurch erweitert ReWet das Wissen über Feuchtgebiete indem es die theoretischen und analytischen Konturen des Anthropozäns als einen Wissenschaftsmodus entwickelt, der sich der Verflechtung sozialer, geologischer und klimatologischer Regime bewusst ist. Indem ReWet auf die sich verändernde Komplexität von Feuchtgebieten und auf das Beziehungsgeflecht, von denen sie abhängen, zurückgreift, erweitert es das anthropologische Wissen zu Umweltschutz im Kontext des Klimawandels und enthüllt die historische Konstitution von Feuchtgebieten als Konkretisierung von Wissen, Praktiken, Politik und Multispezies-Beziehungen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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