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Die Spuren der ‚Kleinen Eiszeit‘ in der Literatur der frühen Neuzeit (1570–1780)

Antragstellerin Dr. Joana van de Löcht
Fachliche Zuordnung Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 528773473
 
Die aus historischen Quellen, dendrochronologischen und paläobotanischen Daten sowie aus Sedimentanalysen und Eisbohrkernen rekonstruierten Temperaturverläufe der letzten 1000 Jahre zeigen, dass der mit Beginn des industriellen Zeitalters einsetzenden Erwärmung des Klimas eine lange Kaltphase vorausging - die sogenannte 'Kleine Eiszeit' (ca. 1350-1850). Während die Temperaturverläufe und historischen Folgen der 'Kleinen Eiszeit' bereits weitestgehend erschlossen wurden, ist eine Erforschung ihrer kulturellen Auswirkungen weiterhin ein Desiderat. Im Rahmen des Projekts, das den Environmental Humanities zugerechnet werden kann, wollen wir einerseits durch kontextualisierend-interpretierende Verfahren, andererseits durch technisch unterstützte Auswertungen eruieren, ob und inwiefern sich die widrigen klimatischen Bedingungen der 'Kleinen Eiszeit' auf die Entwicklung der Literatur im Allgemeinen sowie im Speziellen auf die Gattungen und Themenwahl von Texten zwischen der zweiten Hälfte des 16. und der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ausgewirkt haben. Darüber hinaus soll in Workshops und einem Kolloquium im Austausch mit den interdisziplinären Kooperationspartnern in das Spätmittelalter und das 19. Jahrhundert ausgegriffen werden. Das Projekt orientiert sich im zeitlichen Zuschnitt an den Hochphasen der 'Kleinen Eiszeit' - es nimmt also eine durch Klimahistoriker ermittelte Kaltzeit als Datierungsgrundlage, die Textauswertung nimmt jedoch auch Beispiele aus Zeiten besserer Umweltbedingungen mit auf, um Unterschiede und Kontinuitäten sichtbar zu machen. Da das Wissen um die Wandelbarkeit des Klimas rezent ist, bietet sich das für den Menschen seit jeher erfahrbare und in Texten dokumentierte Wetter als primärer Untersuchungsgegenstand an. Wetter wird dabei nicht als isoliertes Phänomen betrachtet, sondern stets in einen größeren diskursiven Zusammenhang von Wetterbegründungen und Wetterfolgen gestellt. Durch den diachronen Ansatz sollen diskursive Veränderungen, etwa der Einfluss einer im späten 17. Jahrhundert entstehenden messenden Meteorologie, sowie die Persistenz von ‚Katastrophenerinnerungen‘ ebenso wie mögliche Gewöhnungs- und Resilienzeffekte im Untersuchungszeitraum ersichtlich werden. Das Projekt leistet somit einen Beitrag zur Erforschung von kulturellen Bewältigungs- und Anpassungsstrategien in Reaktion auf klimabedingte Extremereignisse und langanhaltend ungünstige Umweltbedingungen. Der Projektplan umfasst neben der Arbeit an drei Monographien und flankierenden Artikeln die Erschließung und Präsentation von Texten im Rahmen einer Datenbank. Die Datenbank dient zum einen dem Abgleich der literarischen Texte mit den historischen Wetterdaten, zum anderen versammelt sie ein erstes Korpus frühneuzeitlicher Literatur, das durch digitale Methoden untersucht werden soll und der Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht wird.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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