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„No representation without taxation“ – Budgetrecht im Mehrebenensystem

Antragstellerin Dr. Ruth Weber
Fachliche Zuordnung Öffentliches Recht
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 528774314
 
„No representation without taxation“, kommentieren Europarechtler gelegentlich die Entwicklungen der EU-Finanzverfassung in Umkehr des Slogans der US-amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung. Dies spiegelt die Ziele der Nachwuchsgruppe wider: Erstens stellt die Umkehr den Bezug zur historischen Idee des Budgetrechts her. Zweitens kommt in ihr die auch im geltenden Verfassungsrecht bedeutsame legitimatorische Funktion des Budgetrechts zum Ausdruck. Drittens spielt sie auf die fehlende Besteuerungsbefugnis der EU und deren Zusammenhang mit demokratischer Repräsentation auf EU-Ebene an. Die Frage nach dem Budgetrecht im Mehrebenensystem erfasst die finanzverfassungsrechtlichen Entscheidungszusammenhänge in föderalen Gebilden: Ausgangspunkt sind aktuelle Entwicklungen in der EU, beispielsweise der im Zuge der Covid19-Pandemie 2020 eingerichtete Wirtschaftswiederaufbaufonds ‚Next Generation EU‘. Die Ziele der Nachwuchsgruppe gehen allerdings darüber hinaus: Während sie in der ersten Projektphase den Fokus auf die horizontale Dimension des Budgetrechts legt, also die einzelnen Ebenen im deutschen und europäischen Recht in den Blick nimmt, untersucht sie in der zweiten Projektphase das vertikale Verhältnis der Ebenen in föderal und zentral organisierten Nationalstaaten (Deutschland, Frankreich, Österreich, USA) sowie der EU. Historisch kommt die Idee des Budgetrechts mit der Entstehung von Nationalstaaten und modernen Demokratien auf: Bereits im frühen britischen Parlamentarismus war die Idee der „power of the purse“ angelegt, „no taxation without representation“ war ein Schlachtruf der nicht im britischen Parlament vertretenen nordamerikanischen Siedler, in Deutschland stritten Abgeordnete im 19. Jahrhundert für das „Königsrecht“ des Parlaments. Das Budgetrecht spielt auch im geltenden Verfassungsrecht eine wichtige Rolle. Das Bundesverfassungsgericht nimmt regelmäßig darauf Bezug, nicht zuletzt in Entscheidungen zum Europaverfassungsrecht. Die Nachwuchsgruppe zielt darauf ab, diese verfassungsrechtliche Argumentation zu analysieren: Inwiefern berücksichtigt die Rechtsprechung den Funktionswandel, den das „Königsrecht“ mit dem im Grundgesetz verankerten parlamentarischen Regierungssystem erfahren hat? Wie lässt sich bestimmen, ob das Budgetrecht des Bundestages im Prozess der europäischen Integration noch gewahrt ist? Bezogen auf die EU untersucht die Gruppe vor allem das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben. Während über erstere die Mitgliedstaaten entscheiden, teilen sich bei den Ausgaben Europäisches Parlament und Rat die Haushaltsbefugnisse. Klimawandel, Krieg und Pandemie – Krisen ziehen politische Entscheidungen nach sich, die sich auf die Haushalte von Nationalstaaten und auch der EU auswirken. Die Untersuchung des Budgetrechts zielt auf ein besseres Verständnis des horizontalen und vertikalen Verhältnisses politischer Organe im Mehrebenensystem in Vergangenheit und Zukunft.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
Internationaler Bezug Finnland, Frankreich, Italien, Niederlande, Schweiz, USA
 
 

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