Untersuchungen zum Ermüdungsrisswachstum in elektronenstrahlgeschweißten Bauteilen aus ungleichen Werkstoffen - am Beispiel eines Schneckenrades
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Bei den ortsgenauen werkstoffanalytischen Untersuchungen zeigte sich, dass sowohl die Fügezone in ihrer Gesamtheit, als auch jede einzelne Teilzone (WEZ Bronze, GW, WEZ Stahl) in sich, bedingt durch die unterschiedliche Werkstoffpaarung Stahl / Bronze in x-Richtung (d.h. quer zur Schweißrichtung) extrem heterogen sind. Das im Focus der Untersuchungen stehende Schweißgut SG (Schmelzzone) erwies sich über dem Querschnitt als inhomogenste Zone. Es treten die erwarteten Phasen und Gefüge der Bronze (a-Cu, 5-Cu3iSn8, a + 6-Eutektoid) und des Stahles (a-Fe, Fe3C, Martensit, Bainit, Perlit, Zementit) auf. Weitere intermetallische Phasen, auf die ein spezielles Rissausbreitungsverhalten hätte zurückgeführt werden können, waren nicht feststellbar. Ausgeprägt ist das Netzwerk des (a-+ 5)-Eutektoids im Schweißgut. Die chemischen Analysen zeigten die erwarteten Profile quer zur Schweißverbindung. Hervorzuheben ist jedoch die ausgeprägte Unstetigkeit ("Riff") in x-Richtung am Übergang SG/WEZ Stahl. An dieser Stelle nehmen die Elemente Fe, C, Mn, S sprunghaft zu, während die Elemente Cu, Sn, P sprunghaft abnehmen. Die genannte Unstetigkeitsstelle zeigt sich auch hinsichtlich der MikroStruktur (scharfer ebener Übergang vom SG zur WEZ Stahl) und bezüglich der Werkstoffparameter elastischer Eindringmodul und Eindringhärte. Beide Kenngrößen nehmen am Übergang zur WEZ Stahl schlagartig zu, d.h. das Material wird an dieser Stelle plötzlich wesentlich steifer und deutlich härter. In Auswertung der werkstoffananlytischen Untersuchungen kann bezüglich des Abbiegens des im SG initiierten Ermüdungsrisses in Richtung WEZ Stahl mit hoher Wahrscheinlichkeit das Zusammenwirken von 2 Ursachen angenommen werden. Es ist davon auszugehen, dass im Schweißgut entlang der x-Koordinate in Richtung Stahl ein negativer Gradient der Bruchzähigkeit vorliegt. Das rasche Ausbreiten des im SG initiierten Ermüdungsrisses in Richtung WEZ Stahl weist darauf hin, dass die Bruchzähigkeit in der (härteren) stahlnahen Hälfte des Schweißgutes niedriger ist als im (weicheren) bronzenahen Areal. Die rasche Ausbreitung des Risses in Richtung des Bereiches mit der angenommenen geringeren Bruchzähigkeit erscheint somit verständlich. Ein experimenteller Nachweis dieses postulierten Bruchzähigkeitsgradienten ist auf Grund der Heterogenität und der geringen Dimension der nur 0,9 mm breiten Materialzone SG nicht möglich. Ferner muss als Ursache für den Rissverlauf die stark ausgeprägte Unstetigkeitsstelle (Riff) am Interface SG/WEZ Stahl in Betracht gezogen werden. Eine Grenzfläche mit derart gravierenden schlagartigen Änderungen der chemischen Zusammensetzung, der Mikrostruktur, der Härte und der Steifigkeit (E-Modul) stellt eine kritische Stelle im Fügeverbund dar. Es kann angenommen werden, dass der Ermüdungsriss diese Schwachstelle gezielt "ansteuert". Unstrittig ist dabei, dass der Rissverlauf im Schweißgut auch vom Gefüge beeinflusst wird und die Cu-reichen Bereiche zwischen den härteren "stahlseitigen" Gefügebestandteilen bevorzugt. FE-Simulationen der inhomogenen Werkstoffeigenschaften mittels homogener Werkstoffeigenschaften führten zu keinen befriedigenden Ergebnissen. Eine Übereinstimmung des berechneten Risspfades mit dem experimentell ermittelten Risspfad war nur mit Hilfe eines Korrekturfaktors zu erreichen. Im Fortsetzungsantrag wurde für die numerische Simulation das FE-Programm ABAQUS verwendet. Zur Simulation des Risswachstums wurden spezielle Subroutinen geschrieben. Damit wird zuerst das Modell mit dem Anriss erstellt. Nach der Zuweisung der Werkstoffparameter wird die Berechnung durchgeführt. Die Werkstoffeigenschaften resultierten aus den beschriebenen experimentellen Untersuchungen. Der gemessene Verlauf des E-Moduls wurde durch drei Funktionen interpoliert und mathematisch beschrieben. Die Ermittlung der Richtung des Risswachstums wurde nach verschiedenen Kriterien durchgeführt. Zuerst wurde der experimentell ermittelte Risspfad mit dem mittels des Kriteriums der maximalen tangentialen Spannung berechneten Risspfad verglichen. Mit diesem Kriterium wurde jedoch keine Übereinstimmung zwischen den Risspfaden erreicht. Deshalb wurde im zweiten Schritt das Auswertungskriterium mit K2 = 0 in die Subroutinen implementiert. Der Ausbreitungswinkel wurde so lange korrigiert und der Schritt nochmals berechnet, bis K2» 0 war. Auch mit diesem Kriterium wurde keine für alle untersuchten Anrisspositionen gültige Übereinstimmung erreicht. Neben dem hier Gesagten wurde mit diesem Auswertungskriterium auch die geometrische Inhomogenität betrachtet. An einem FE-Modell wurden in der Nähe der Rissspitze zwei Löcher modelliert. Die Risspfade für das FE-Modell mit konstantem und mit variablem E-Modul wurden verglichen. Als nächstes wurden statistische Simulationen durchgeführt. Die Arbeiten erfolgten gemäß den im Forschungsantrag beschriebenen Arbeitsschritten. Aus den an der Rissspitze berechneten wahrscheinlichkeitsähnlichen Werten wurde einer ausgewählt. Dadurch wird die Richtung des Risswachstums für den nächsten Schritt bestimmt. Die programmierte Monte-Carlo-Simulation wurde für die Anrissposition im Stahl fünf Mal wiederholt. Im Vergleich mit dem experimentell ermittelten Risspfad wurde allerdings eine Übereinstimmung nur beim kurzen Riss erreicht. Danach weichen die Neigungen voneinander ab. Da die Berechnungen mit der linear-elastischen Bruchmechanik keine befriedigende Übereinstimmung zwischen den experimentell und numerisch ermittelten Risspfaden zeigten, wurden abschließend jeweils die plastischen Verformungen und die Restspannungen vom aktuellen in den neuen Schritt übernommen. Die FE-Simulation mit elasto-plastischen Werkstoffeigenschaften und dem Auswertungskriterium der maximalen tangentialen Spannung führte zu einer guten Übereinstimmung der Risspfade bei der Anrissposition im Stahl. Die gewonnenen Ergebnisse sind vielversprechend auch für die anderen Anrisspositionen. Das Schweißen ungleicher Werkstoffe stellt extrem hohe Anforderungen an die Schweißtechnologie bzw. an die Auswahl der Schweißparameter. Im hier durchgeführten Forschungsvorhaben wurde erstmals Buntmetall mit Stahl verschweißt. Die Aufgabenstellung resultierte aus einem industriellen Einsatzfall, wo Bronzeradkränze mit Stahlgrundkörpern zu einem Schneckenrad verschweißt werden. Obwohl dort Schäden bisher nicht bekannt sind, wurden dennoch Risse in der Schweißnaht, speziell in der Überlappungszone festgestellt. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass prinzipiell der Rissfortschritt simuliert werden kann, jedoch nicht in allen Risslagen die genaue Rissfortschrittsrichtung. Weiterhin bedarf es der Korrektur gemessener (integraler) Werkstoffparameter. Bei gleichen Werstoffkombinationen und Anwendungsfällen könnten Referenzwerte ermittelt werden, so dass die Abweichungen durchaus vertretbar wären. Aus wissenschaftlicher Sicht sind aber gerade bei den Simulationsprogrammen Weiterentwicklungen sehr empfehlenswert. Der Sachverhalt, dass das weit verbreitete FE-Programm ABAQUS unter den vorgenannten Einschränkungen gute Ergebnisse liefert, ermutigt den Einsatz der gewonnenen Erkenntnisse auf Realbauteile. Es wird erwartet, dass auf Basis von Referenzwerten und am Anrissort vorliegenden Beanspruchungen Aussagen zum Rissfortschritt (z.B. Rissstillstand) getroffen werden können.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Brüzek B., Leidich, E.: Evaluation of the Crack Growth on the Interface of Two Welded Materials. Conference on Fatigue Damage of Structural Materials VI, Hyannis (USA); September 2006
- Brüzek, B.; Leidich, E.: Evaluation of Crack Growth at the Weld Interface Between Bronze und Steel. Internation Journal od Fatigue, Vol. 29, Nr. 9-11 2007, S. 1827-1831; ISSN 0142-1123
- Leidich, E.; Thiele, R.: Zahnfuß-Tragfähigkeitsberechnung für Schneckenräder auf Basis des Zahnfußschädigungskonzeptes - neuer Aspekt für die Auslegung von Schneckenrädern, antriebstechnik, 12/2007
- Svinger, M.; Leidich, E.: Crack Growth Investigation on the Interface of Two Welded Materials. 3rd International PhD Conference on Mechanical Engineering - PhD2005, Srnf (Czech republic), November 2005
- Svinger, M.; Leidich, E.: Crack Growth Investigation on the Interface of Two Welded Materials. Proceedings of 3rd International PhD Conference on Mechanical Engineering - PhD2005, Srni (Tschechische Republik), November 2005, ISBN 80-7043-414-7
- Svinger, M.; Leidich, E.; Brüzek, B.; Alisch, G.: Evaluation of the Crack Growth in a Welded CIS-Specimen Made of Composite Materials. 22nd Danubia- Adria Symposium on Experimental Methods in Solid Mechanics, Parma (Italy), September 2005
- Thiele, R.; Vorel, M.; Leidich, E.: Optimierung von gefügten Schneckenrädern mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode. In: Dresdner Maschinenelemente Kolloquium. Dresden, September 2003. - (Tagungsband von DMK2003)
- Vorel, M.: New Methods to the Increase of Reliability of Electron Beam Welded Round Parts Made of Dissimilar Materials. In: Advanced Engineering Design. Prag, Juni 2003. - (Proceedings of the 3rd International Conference AED2003).
- Vorel, M.: Untersuchungen zu schweißbedingten Eigenspannungen und deren Auswirkungen auf die Rissentstehung in einem elektronenstrahlgeschweißten Schneckenrad. 1. Aufl. Aachen : Shaker Verlag, 2003 (Berichte aus dem Maschinenbau). - Zugl.: Dissertation - TU Chemnitz (Professur Konstruktionslehre), 2003. - ISBN 3-8322-1978-1
- Vorel, M.; Leidich, E.: Accuracy of Determining Stress Intensity Factors in Some Numerical Programs. In: Acta Polytechnica 41 (2001), S. 60-66. - ISSN 1210-2709
- Vorel, M.; Leidich, E.: Advanced Design of Worm Wheels Made of Dissimilar Materials. In: Engineering Research and Design. Washington, November 2003. - (ASME International Mechanical Engineering Congress IMECE2003) - ISBN 0-7918-4664-4
- Vorel, M.; Leidich, E.: Impact of Residual Stresses on Crack Distribution In an Electron Beam Welded Worm Wheel. In: Maschinenbau und Nanotechnik. Ilmenau, 2002 (47. Internationales Wissenschaftliches Kolloquium). - ISSN 0943-7207
- Vorel, M.; Leidich, E.: Numerical Analysis of the Stress Distribution in an Electron. Beam Welded Worm Wheel. In: JARMAI, Karoly (Hrsg.); FARKAS, Jozsef (Hrsg.): Metal Structures: Design, Fabrication, Economy. Rotterdam: Millpress, 2003. - (Proceedings of International Conference on Metal Structures, Miskolc, Hungary) - ISBN 90-77017-75-5
- Vorel, M.; Rüzicka, M.: Crack Growth In an Electron Beam Weld Made of Steel And Bronze. In: Engineering Fracture Mechanics 70(2003), S. 2617- 2624.-ISSN0013-7944
- Wielage, B.; Leidich, E.; Steinhäuser, S.; Alisch, G.; Vorel, M.: Fracture Behaviour of an Electron Beam Weld. Key Engineering Materials Vols. 251-252 (2003) pp. 25-32, ISBN 0-87849-929-6
- Wielage, B.; Leidich, E.; Steinhäuser, S.;Alisch, G.; Vorel, M.: Fracture Behaviour of an Electron Beam Weld. Proceedings of the &d International Conference on Fracture and Damage Mechanics, FDM2003, September 2003, Paderbom, Germany. - ISBN 0-87849-929-6
- Wielage, B.; Mücklich, S.; Alisch, G.; Hoyer, I.: Gefügebetrachtungen gelöteter und elektronenstrahlgeschweißter Stahl-Bronze-Verbindungen. 37-TMetallographie- Tagung, 17.-19. September2003, Berlin
- Wielage, B.; Mücklich, S.; Alisch, G.; Hoyer, l.: Gefügebetrachtungen gelöteter und elektronenstrahlgeschweißter Stahl-Bronze-Verbindungen. 37. Metallographie- Tagung, 17.-19. September2003, Berlin; Tagungsband S.265-270. ISBN 3-88355-322-0
- Wielage, B.; Steinhäuser, S.; Alisch, G.; Podlesak, H.; Dietrich, D.: Microstructure analysis of a bronze-steel electron beam weld. Microchimica Acta Vol. 156 (2007) 1-2; S. 95 - 98, ISSN 0062-3672 MIACAQ 156 (1-2) 1-181 (2007)