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Die Weisheit der virtuellen Vielen
Antragsteller
Dr. Michael Goedde-Menke; Professor Dr. Thorsten Hennig-Thurau; Professor Dr. Thomas Langer
Fachliche Zuordnung
Operations Management und BWL-spezifische Wirtschaftsinformatik
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 529885974
Die meisten unternehmerischen Entscheidungen sind Entscheidungen unter Unsicherheit. Daher müssen Unternehmen künftige Entwicklungen antizipieren und Schätzungen für wichtige Einflussfaktoren erstellen, die in ihren Planungsprozess einfließen. Die Qualität der Entscheidungen und damit die Erträge für Unternehmen und ihre Stakeholder hängen entscheidend von der Genauigkeit der verwendeten Schätzungen ab. Um die Genauigkeit der Schätzungen zu verbessern, lassen Unternehmen häufig eine Gruppe von Individuen über das Schätzproblem beraten und nutzen so die "Weisheit der Vielen". Zum Beispiel lässt sich durch die Verwendung des Mittelwerts mehrerer Beurteilungen die Genauigkeit zumeist erhöhen, da sich individuelle Schätzfehler ausgleichen können. Alternativ dazu wird bei der Aggregation verschiedener Meinungen mit Hilfe von Gruppendiskussionen nicht nur die Vielfalt der Individualeinschätzungen ausgenutzt, sondern auch versucht, durch das Ermöglichen sozialer Interaktion zwischen den Gruppenmitgliedern (Austausch von Argumenten, Erhalt von Feedback, Hinterfragen anderer Sichtweisen) genauere Schätzungen zu erhalten. Als Reaktion auf die jüngste Pandemie wurden jedoch weltweit strenge Regelungen zur Durchführung sozialer Interaktionen erlassen. Persönliche Zusammenkünfte wurden weitgehend untersagt, so dass fast alle Arten von Treffen virtuell abgehalten werden mussten (z. B. per Videokonferenz oder in der virtuellen Realität). Diese Interaktionsformen unterscheiden sich sehr. Bei Videokonferenzen werden Gruppenmitglieder zwar mit realen Gesichtern auf einem Computerbildschirm konfrontiert, aber es fehlt eine immersive Umgebung, in der die soziale Interaktion stattfindet. Die virtuelle Realität bietet den Nutzern eine immersive Umgebung, allerdings wird in der Regel mit Hilfe von virtuellen Charakteren (Avataren) interagiert, die das Spektrum von Mimik, Gestik und Körpersprache einschränken. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es unklar, wie sich ein derartiger Regimewechsel von Diskussionsprozessen mit physischer Präsenz hin zur Arbeit in virtuellen Teams auf die Genauigkeit von Gruppenschätzungen, d.h. die Weisheit der Vielen, auswirkt. Ziel dieses Forschungsprojektes ist es daher experimentell zu untersuchen, wie sich die Schätzleistung von Gruppen unterscheidet, die entweder persönlich, per Videokonferenz oder in der virtuellen Realität interagieren. Zudem sollen die Wirkungskanäle identifiziert werden, die mögliche Unterschiede in der Schätzgenauigkeit zwischen den verschiedenen Arten der sozialen Interaktion erklären. Das Verständnis des Potenzials virtueller Gruppen in Bezug auf ihre Schätzleistung ist nicht nur für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, um auf pandemiebedingte Einschränkungen sozialer Interaktionen bestmöglich reagieren zu können. Der verstärkte Einsatz von virtuellen Teams könnte zudem einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten, da er den Bedarf für geschäftsbedingtes Reisen und damit CO2-Emmissionen reduziert.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen