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Sagt die Form die Funktion voraus? Verknüpfung von Ökologie und Phänotyp bei Schlupfwespen (Hymenoptera, Ichneumonidae)
Antragsteller
Bernardo Santos
Fachliche Zuordnung
Systematik und Morphologie der Tiere
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 530224000
Lassen sich anhand von Vergleichsdaten verlässliche Zusammenhänge zwischen Form und Funktion herstellen? Phänotypische Merkmale spiegeln die ökologischen Rollen von Organismen wider, werden aber auch durch die phylogenetische Abstammung und physikalische und biochemische Einschränkungen beeinflusst. Der relative Einfluss dieser Faktoren auf die Entwicklung von Phänotypen ist noch ungelöst: Wenn hauptsächlich ökologische Anforderungen die phänotypische Evolution antreiben, würden wir ein hohes Maß an Vorhersagbarkeit in der Beziehung zwischen Form und Funktion erwarten. Dieses Projekt wird diesen Zusammenhang anhand von parasitären Schlupfwespen, einer der vielfältigsten Insektengruppen, untersuchen. Dies wird erreicht durch die Erstellung und Integration (1) einer zeitkalibrierten Phylogenie auf der Grundlage von Daten aus der Gesamtgenomsequenzierung für Tausende von Ichneumonidenarten; (2) eines detaillierten phänotypischen Datensatzes, der mit geometrischer Morphometrie analysiert wurde. Die multivariate Darstellung der phänotypischen Variation, kombiniert mit phylogenetischen Daten – einem Phylomorphospace – ist ein erfolgversprechendes Werkzeug zu untersuchen, ob ökologische Merkmale vorhersagbare phänotypische Signaturen haben. Anhand der Phylogenie werden wir Übergänge zwischen ökologischen Merkmalen rekonstruieren und mit Hilfe von phylogenetischen Vergleichsmethoden testen, ob (1) phänotypische Daten verwendet werden können um ökologische Merkmale vorherzusagen, und (2) Veränderungen in ökologischen Merkmalen Diversifizierungsregime beeinflussen können. Die Ergebnisse des Projekts werden unser Verständnis der Beziehung zwischen Phänotyp und Ökologie, einem der übergeordneten Ziele der Evolutionsbiologie, verbessern. Die Existenz eines „Form-to-Function“ Rahmenbeziehung würde darauf hindeuten, dass Phänotypen in vorhersagbarer Weise auf Umweltdrücke reagieren. Andererseits würde eine unvollständige oder schwache Übereinstimmung zwischen Phänotyp und Ökologie die Bedeutung von Phänomenen wie „many-to-one mapping“ und phylogenetischer Trägheit hervorheben. Die Ergebnisse werden auch Aufschluss über das Zusammenspiel zwischen ökologischer Nische, Phänotyp und Diversifikation geben. Die Bestimmung der Treiber der Diversifizierung ist ein grundlegendes Anliegen der Evolutionsbiologie, und dieses Projekt wird sich auf eine Gruppe von Organismen konzentrieren, die noch wenig verstanden ist. Betrachtet aus einer eher praktischen Perspektive, unsere Ergebnisse werden testen, ob wir Formdaten verwenden können, um ökologische Merkmale vorherzusagen. Die umfassende Zuordnung bestimmter Regionen des Morphospace zu bestimmten Ökologien würde es uns ermöglichen, Vorhersagen für Arten von Schlupfwespen zu treffen, für die noch Wirtsdaten fehlen. Übergeordnet wird dieses Projekt letztlich einen wichtigen Beitrag zur Systematik einer der vielfältigsten Organismengruppen der Erde leisten und eine solide Grundlage für zukünftige angewandte Forschung bieten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen