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Wissenschaftliche Erschließung und Auswertung des Krankenaktenbestandes der nationalsozialistischen "Euthanasie"-Aktion T4 (Bestand R 179 im Bundesarchiv Berlin)
Antragsteller
Professor Dr. Gerrit Hohendorf (†)
Fachliche Zuordnung
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung von 2001 bis 2007
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5310504
Gegenstand des Projekts ist die wissenschaftliche Bearbeitung und statistische Auswertung einer größeren, repräsentativen Stichprobe derjenigen ca. 3o.ooo Krankenakten von Opfern der nationalsozialistischen "Euthanasie"-Aktion T4 (1939-41), die Anfang der 9oer Jahre im ehemaligen Zentralarchiv des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR aufgefunden worden sind. Das Projekt hat drei Ziele: Erstens soll eine soziodemographische Beschreibung derjenigen Menschen erarbeitet werden, die der ersten zentral organisierten Vernichtungsaktion im Nationalsozialismus zum Opfer fielen. Hierzu sollen Alter, Geschlecht, Konfession, sozialer Status, geographische Herkunft, Diagnose, Verlauf der Anstaltsbehandlung und Therapie der Opfer systematisch untersucht werden. Zweitens soll untersucht werden, welche Gruppen von Patienten im Vergleich zu den vorgegebenen Selektionskriterien (Erbkrankheit/Unheilbarkeit/Leistungsunfähigkeit) tatsächlich getötet wurden, um so die Motive, Kriterien und Entscheidungsprozesse, die zur Tötung führten, durchsichtig zu machen. Drittens soll aufgrund einer Analyse der Verlegungsdaten und Orte in Zusammenhang mit den bisher vorliegenden Forschungsergebnissen ein detailliertes Bild der zeitlichen und organisatorischen Abläufe sowie der räumlichen Schwerpunkte der Aktion T4 gezeichnet werden. Auf dieser neuen empirischen Basis können bislang offene Fragen zum Verhältnis von rassenhygienischen und ökonomischen Motivationen, zur Bedeutung der von psychiatrischen Experten innerhalb der T4-Zentrale entworfenen Modernisierungspläne für die psychiatrische Therapie, Versorgung und Forschung und damit zur Planrationalität der NS-Vernichtsmaßnahmen einer Klärung nähergebracht werden. Insgesamt kann so unter Berücksichtigung der vorliegenden Ergebnisse der lokal- und regionalhistorischen Forschung ein Gesamtbild der ersten Phase der nationalsozialistischen "Euthanasie" entstehen. Biographische Einzelstudien sollen die individuellen Schicksale der Opfer würdigen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Beteiligte Personen
Professor Dr. Wolfgang U. Eckart (†); Professor Dr. Christoph Mundt