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Politikgestaltung im Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher Evidenz und öffentlicher Meinung: Experimentelle Studien mit PolitikerInnen
Antragsteller
Dr. Sebastian Blesse; Professor Philipp Lergetporer, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Wirtschaftspolitik, Angewandte Volkswirtschaftslehre
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 531543399
Wissenschaftliche Evidenz ist eine wichtige Grundlage politischer Entscheidungen. Es gibt jedoch zahlreiche Beispiele für Politiken, die nicht im Einklang mit wissenschaftlich fundierten Handlungsempfehlungen sind. Dies wirft die grundlegende Frage auf, warum PolitikerInnen oft von wissenschaftlichen Empfehlungen abweichen. Unser Projekt stützt sich auf etablierte politökonomische Theorien und testet experimentell, ob das Eigeninteresse von PolitikerInnen die Umsetzung wissenschaftsbasierter Politiken untergräbt. Insbesondere vermuten wir, dass PolitikerInnen politische Entscheidungen aufgrund eigennütziger Wiederwahlmotive treffen, wenn sich öffentliche und wissenschaftliche Unterstützung für Politiken widersprechen. Obwohl Konflikte zwischen öffentlicher Meinung und wissenschaftlichen Fakten, allgegenwärtig zu sein scheinen, gibt es bisher keine kausalen Belege, die zeigen, inwieweit und unter welchen Umständen politisches Eigeninteresse die evidenzbasierte Entscheidungsfindung unter politischen Entscheidungsträgern behindert. Das vorgeschlagene Projekt schließt diese Forschungslücke durch komplementäre Umfrage- und Feldexperimente mit Bürgern und PolitikerInnen in Deutschland. Es liefert kausale Antworten auf drei zentrale Fragen der politökonomischen Literatur: F1: "Wie wägen PolitikerInnen wissenschaftliche Erkenntnisse gegen öffentliche Präferenzen ab?" Wir führen randomisierte Conjoint-Experimente in einer groß angelegten Umfrage von Bundestags-, Landtags- und KommunalpolitikerInnen durch. Indem wir die Wahrnehmung der PolitikerInnen über die Auswirkungen der Umsetzung verschiedener Politikoptionen auf (i) ihre eigene Karriere und (ii) die allgemeine Wohlfahrt erfassen, bestimmen wir, inwieweit ihre Entscheidungen von diesen Motiven getrieben sind. F2: "Wie beeinflussen Informationen über wissenschaftliche Evidenz und öffentliche Präferenzen das Feldverhalten von PolitikerInnen?" Wir untersuchen diese Frage in einem Feldexperiment mit Bundestags- und LandtagspolitikerInnen. Zunächst stellen wir ihnen randomisiert Informationen über politikspezifische wissenschaftliche Fakten und öffentliche Präferenzen zur Verfügung. Dann beobachten wir ihre öffentliche Kommunikation in sozialen Medien und Reden und führen eine ergänzende Umfrage durch, um zu beurteilen, wie Informationen die politischen Positionen der PolitikerInnen beeinflussen. F3: "Wie beschaffen sich PolitikerInnen Informationen über wissenschaftliche Evidenz und öffentliche Meinungen?" In diesem Teilprojekt untersuchen wir wie sich PolitikerInnen Informationen über die öffentliche und wissenschaftliche Unterstützung von Politiken nachfragen. Konkret untersuchen wir, ob eigennützige Motive endogenes Informationsbeschaffungsverhalten antreiben, und wie dieses Verhalten Politikpositionen beeinflusst. Insgesamt wird das vorgeschlagene Projekt neue Einblicke liefern, wie das Eigeninteresse von PolitikerInnen die Umsetzung von wissenschaftlich empfohlenen Politiken beeinträchtigt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Kanada, Schweiz
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner
Dr. Benjamin Arold; Professorin Eva Vivalt, Ph.D.