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Graphen und Netzwerke als explanatorische Werkzeuge innerhalb der kulturellen Evolutionstheorie

Antragsteller Dr. Karim Baraghith
Fachliche Zuordnung Theoretische Philosophie
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 531812763
 
In diesem Projekt möchte ich die Theorie der kulturellen Evolution, insbesondere im Hinblick auf Graphen- und Netzwerkmodelle aus einer wissenschaftstheoretischen Perspektive beleuchten. Die Theorie der kulturellen Evolution erklärt die Dynamik und Vielfalt der Kultur evolutionär. Kulturelle Evolution hat darwinistische Aspekte: die darwinistischen Prinzipien von Variation, Vererbung und reproduktiven Fitnessunterschieden sind auf die soziale Welt anwendbar und können zumindest einige kulturelle Formen und Veränderungen erklären, insbesondere die Verbreitung bestimmter kultureller Informationseinheiten. Die Weitergabe kultureller Varianten führt zu komplexen Populationsstrukturen, Bäumen und Netzwerken kultureller Informationen. Kultureller Wandel kann als ein Prozess betrachtet werden, der dem genetischen Wandel ähnelt. Der Leitgedanke dieses Projekts ist, dass die bisherigen Modelle der kulturellen Evolution meist davon ausgingen, dass die Merkmale unabhängig voneinander und in gewissem Maße austauschbar sind. Kultur hat jedoch eine übergeordnete Struktur: Merkmale stehen in Beziehungen zueinander, die den Übertragungs- und Selektionsprozess selbst beeinflussen. Die Struktur der Kultur ist dynamisch und wird von kulturellen Akteuren beeinflusst und geformt, insbesondere von ihren Interaktionen, aber auch von übergeordneten Akteuren wie Institutionen oder Unternehmen. Graphen und Netzwerke können eine solche dynamische Struktur darstellen. Im Falle der Sprachbildung und -vererbung lassen sich beispielsweise verschiedene Arten von Netzwerken unterscheiden, die zu unterschiedlichen zeitlichen Ergebnissen in der kulturellen Langzeitentwicklung führen. Die Analyse sozialer Netzwerke kann von den Werkzeugen und Methoden der evolutionären Graphentheorie profitieren. Sie werden bereits seit einiger Zeit im Rahmen der kulturellen Evolutionstheorie eingesetzt, die vorhandenen Ansätze machen jedoch eher den Eindruck eines großen Flickenteppichs als eines einheitlichen Rahmens. Die im Antrag beschriebenen Ansätze geben einen Überblick über graph-basierte Modelle innerhalb der kulturellen Evolution. Ihr Vergleich gibt Aufschluss über die sehr unterschiedlichen Vorstellungen zur Speicherung, Aneignung und Übertragung von kulturellen Merkmalen/Information in sozialen Netzwerken. Man beachte, dass die meisten dieser Ansätze auf die Lösung sehr spezifischer und eher lokaler Probleme abzielen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es keinen allgemeinen Rahmen gibt, der Netzwerk- und Graphenansätze systematisch funktional, d.h. geordnet nach ihren lokalen Funktionen in verschiedenen Domänen der kulturellen Evolutionsforschung, in Beziehung setzt. Das Projekt zielt darauf ab, diese Lücke durch die Entwicklung eines allgemeinen Rahmens zu schließen, der diese Ansätze konzeptionell miteinander verbindet und dazu beiträgt, unser philosophisches (metatheoretisches) Verständnis darüber zu verbessern, wie kulturelle Merkmale die Struktur sozialer Netzwerke beeinflussen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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