Nitrilases in plant cyanide metabolism
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Nitrilasen sind Enzyme, die in allen Pflanzen vorkommen und dort an der Entgiftung der hochgiftigen Blausäure beteiligt sind. Blausäure entsteht einerseits als Abfallprodukt während der Biosynthese des pflanzlichen Reifungshormons Ethylen, andererseits besitzen auch viele Pflanzen bestimmte Abwehrsubstanzen, sogenannte cyanogene Glykoside, aus denen im Verteidigungsfall Blausäure freigesetzt werden kann. In einer früheren Arbeit konnten wir zeigen, dass in der Mohrenhirse Sorghum bicolor, die das cyanogene Glykosid Dhurrin enthält, eine neue Nitrilase entstanden ist, die wahrscheinlich an einem Recyclingprozess beteiligt ist, der es der Pflanze erlaubt, Dhurrin abzubauen, ohne dass Blausäure dabei freigesetzt wird. Im Rahmen dieses Projektes wollten wir daher untersuchen, ob auch in anderen Pflanzen (unter anderem Weizen, Flachs und Maniok), die solche cyanogenen Glykoside enthalten, ebenfalls neue Nitrilasen vorkommen, um einen ähnlichen Abbauweg zu verwirklichen. Aus diesem Grund haben wir aus 7 Pflanzen, die relativ hohe Gehalte an cyanogenen Glykosiden oder ähnliche Substanzen enthalten, 16 Nitrilasen untersucht. Allerdings haben unsere biochemischen Analysen an diesen Enzymen keine Hinweise ergeben, dass diese Nitrilasen an solch einem Abbauweg beteiligt sind. Es haben sich jedoch Hinweise darauf ergeben, dass innerhalb der Gräser ein Teil der Nitrilasen an der Umsetzung einer bis jetzt noch nicht bekannten Substanz beteiligt sind. In dem zweiten Teil des Projektes waren wir an der Frage interessiert, wie Nitrilasen auf molekularer Ebene funktionieren. Nitrilasen werden z.B. als „grüne Katalysatoren" in der industriellen Produktion bestimmter Medikamentvorstufen verwendet, und das Verständnis über die Nitrilase-Funktion kann möglicherweise beim Design von Enzymen angewendet werden, die für solche Zwecke angepasst und optimiert sind. Eine besondere Eigenschaft vieler pflanzlichen Nitrilasen ist ihre Fähigkeit, aus einem Substrat gleichzeitig zwei alternative Produkte zu bilden (im Detail: eine Nitrilverbindung kann gleichzeitig in Carbonsäure oder Carbonsäureamide umgesetzt werden, je nach Nitrilase in unterschiedlichen Verhältnissen). Wir konnten bestimmte für diese duale Aktivität verantwortliche Positionen in den Nitrilasen identifizieren und können nun bei einigen Nitrilasen die Ausprägung dieser Aktivität zielgerichtet verändern. In unseren Bemühungen, die Substratspezifität der Nitrilasen zu verstehen (um sie dann verändern zu können), fanden wir heraus, dass diese nicht zwangsläufig von den Positionen im Enzym bestimmt wird, die das Substrat binden. Zwei Nitrilasen, die zu 88% identisch zueinander sind und die keine Unterschiede in der vermutlichen Substratbindetasche aufweisen, setzen trotzdem unterschiedliche Verbindungen um. Durch die Veränderung einer einzelnen Position im Enzym, die an der Ausbildung von helix-artigen Nitrilase-Komplexen verantwortlich ist, wurde die Windung der Nitrilase-Helix verändert, was zu einer veränderten Substratspezifität führt. Durch die Veränderung der Nitrilase-Packung (eher dichter oder eher entspannter) wird also möglicherweise die Größe der Substratbindetasche verändert, was die Fähigkeit bestimmter Verbindungen beeinflusst, in dem Enzym zu binden. Interessanterweise kann die Substratspezifität nicht nur durch die Mutation der hier identifizierten Position in der Nitrilase verändert werden; durch das Einfügen einer Nitrilase in eine andere Nitrilase-Helix kann die Substratspezifität der letzteren der ersteren „aufgezwungen" werden.