Detailseite
Projekt Druckansicht

Europäische Kanzeln um 1500 und ihre klanglichen Dimensionen. Ein Beitrag zur Konstituierung einer 'Sound Art History'

Antragstellerin Dr. Joanna Olchawa
Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 534942254
 
Wie beeinflusst solch ein komplexes skulpturales Ensemble wie die Kanzel das Sprechen und Hören im Kirchenraum? Welche formalen oder gestalterischen Mittel werden eingesetzt, um den Sprechakt wie auch die Performanz des auf ihr stehenden Predigers zu unterstützen und welche visuellen Strategien lassen sich beobachten, um das konzentrierte Zuhören des anwesenden Publikums zu fördern? Solchen Fragen nach den physikalisch-akustischen Möglichkeiten einerseits sowie nach den Medialisierungsprozessen des ephemeren Sprechens und Hörens an der manifesten Form der Kanzel andererseits möchte ich in meinem Projekt nachgehen. Hierfür erweisen sich die Werke aus dem gesamteuropäischen Raum und aus der Zeit um 1500 als besonders geeignet: Mit ihren innovativen Formen (mitunter den neu eingeführten Schalldeckeln), Motiven und umfassenden Bildprogrammen reagieren sie auf einschneidende Änderungen in der spätmittelalterlichen Predigtpraxis sowie der Ausweitung dieser zu einem Massenkommunikationsmedium. Noch vor Luther veranschaulichen sie ferner den hohen Rang des Hörens des gepredigten ‚Wort Gottes‘, welches als via regis zum Heil verstanden wurde. Dementsprechend konzentriert sich meine Untersuchung auf die triadische Verflechtung von Sehen (Kanzel), Hören (Publikum) und Sprechen (Prediger) während der ‚Aktivierung‘ im Predigtgeschehen. Erst dann – so die These – entfalten die Kanzeln ihr volles Bedeutungsspektrum. Um dies zu exemplifizieren, konzentriere ich mich innerhalb der 255 von mir bereits zusammengetragenen Ensembles auf 15 besonders aussagekräftige Werke aus dem heutigen Deutschland, England, Frankreich, Spanien und Italien, aber auch Österreich, der Schweiz, Polen und der Tschechischen Republik. Die bildliche Inszenierung sowie die Beachtung der akustischen Herausforderungen im Kirchenraum prädestinieren die Werkgattung darüber hinaus, an und mit ihren neuen methodischen Zugängen zu erproben. Basierend auf Kanzeln wie auch der bereits existierenden, vielfach diskutierten Sound History, welche vornehmlich die schriftliche Überlieferung zur Bedeutung des Sounds (als Oberbegriff für Klang, Stimme, gehörten Schall) prononciert, intendiere ich die Entwicklung eines Instrumentariums für eine 'Sound Art History'. Bei dieser werden die Werke (sowohl als ‚Quellen‘ als auch Entitäten mit ihren eigenen Prämissen) wie auch mediale, rezeptionsästhetische und wahrnehmungstheoretische Zugänge stärker akzentuiert. Ziel meines Projektes ist folglich die erstmalige Erarbeitung der Kanzeln ‚am Vorabend der Reformation‘ im triadischen Verständnis von Sehen, Hören und Sprechen und darauf aufbauend, einen Beitrag zur Konstituierung einer 'Sound Art History' zu leisten. Konkretisiert wird dies in einer Monografie zu Kanzeln wie auch der Ausrichtung eines interdisziplinären Workshops zur 'Sound Art History', in welchem die Methode zur Diskussion gestellt wird und eine Erweiterung wie auch Verfeinerung erfahren soll.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung