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Mechanismen der Genexpression bei Caliciviren

Fachliche Zuordnung Tiermedizin
Förderung Förderung von 2002 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5349798
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen des Projektes wurden Fragen zu den Mechanismen der Genexpression von Caliciviren bearbeitet. Caliciviren besitzen ein einzelsträngiges RNA Genom positiver Polarität und gehören deshalb zur Gruppe der Plusstrang RNA Viren. Wie alle Vertreter dieser Gruppe nutzen Caliciviren die Translation eines sogen. Polyproteins für die Erzeugung der viralen Proteine. Voraussetzung dafür ist, dass die genomische RNA der Viren mindestens ein langes offenes Leseraster enthält, das für mehrere virale Proteine kodiert. Das bei der Translation dieses Leserasters gebildete lange Protein wird durch eine in diesem Protein enthaltene Protease in die reifen Virusproteine gespalten. Dieser Mechanismus wird von allen Caliciviren zur Bereitstellung der Nichtstrukturproteine genutzt. Neben dieser bei allen Plusstrang-RNA Viren zu findenden Strategie der Genexpression verwenden Caliciviren noch mindestens zwei weitere Prinzipien, um die Synthese ihrer Proteine zu erreichen. Eines dieser Prinzipien basiert auf der Synthese einer Boten RNA subgenomischer Länge (sg mRNA), die ausgehend von der im Zuge der Genomreplikation synthetisierten Minusstrang-Kopie des Genoms an einer internen Promotorstruktur startend transkribiert wird. Diese sg mRNA kodiert für die beiden Capsidproteine des Virus, die als VPI und VP2 bezeichnet werden. Die Expression des VPI ausgehend von dieser RNA erfolgt in einer Abwandlung des in eukaryontischen Zellen üblicherweise verwendeten Mechanismus, bei dem die Translationskomponenten an das 5' Ende der RNA angelagert werden und dann das 5' terminal gelegene Leseraster übersetzen. Das VP2 wird dagegen in einem eigenen Leseraster kodiert, das am 3' Ende der RNA lokalisiert ist und damit nicht diesem Prinzip gehorchend translatiert werden kann. Wir haben mit unseren Arbeiten gezeigt, dass das VP2 über einen neuartigen Mechanismus exprimiert wird, der auf einer Reinitiation der Translation basiert. Die Reinitiation kommt bei Eukaryonten ausgesprochen selten vor, weil ein Ribosom beim Übergang von der Initiations- in die Elongationsphase die für eine Initiation essentiellen Proteinfaktoren verliert und damit nicht mehr neu starten kann. Bei der Tenmination der Translation erfolgt die Dissoziation von Ribosom und Boten-RNA üblicherweise schneller, als die Beladung mit neuen Initiationsfaktoren. Wir konnten zeigen, dass bei Caliciviren das terminierende Ribosom durch eine Interaktion zwischen viraler RNA und ribosomaler RNA festgehalten wird und damit ein Zeitraum für die neuerliche Beladung mit Initiationsfaktoren geschaffen und somit Reinitiation ermöglicht wird. Das Festhalten des Ribosoms wird von einer RNA Struktur ennöglicht, die stromauf der Reinitiationsposition lokalisiert ist und deshalb von uns als ,termination upstream ribosomal binding site' (TURBS) bezeichnet wurde. Wir haben in unseren Arbeiten die TURBS und ihre essentiellen Elemente im Detail charakterisiert und ein schlüssiges Modell für den Mechanismus der Reinitiation vorgestellt. Damit konnte nicht nur ein wesentlicher Schritt bei der Genexpressionsstrategie von Caliciviren aufgeklärt werden, sondern auch ein wichtiger Beitrag zum Verständnis ähnlicher Prozesse bei Influenza B Viren und Pflanzenviren aus der Familie der Totiviridae geleistet werden. Die von uns in der Erstbeschreibung vorgeschlagene Bezeichnung TURBS für die essentielle RNA Struktur hat sich in den Fachpublikationen allgemein durchgesetzt.

 
 

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